Bosch und Daimler sind bereits da. Beide Unternehmen haben die Lieferbeziehungen mit dem Iran bereits in geringem Umfang aufgenommen. Nach der Einigung im Atomstreit hofft die deutsche Industrie auf uneingeschränkte Geschäfte.

Stuttgart - Bosch und Daimler sind schon da, viele andere Unternehmen werden in den nächsten Monaten folgen. Seit der Wiener Einigung im Nuklearstreit mit dem Iran keimt Hoffnung in der deutschen Industrie, dass die Schranken des Embargos vollständig fallen werden – und die Unternehmen wieder uneingeschränkt Geschäfte mit dem lange Zeit geächteten Land betreiben können. Nach den Lockerungen der Sanktionen im Januar 2014 habe Bosch begonnen, „unsere Geschäfte im Iran über ehemalige Partner wieder aufzunehmen“, sagt eine Sprecherin. Der Technologiekonzern konzentriere sich derzeit auf Zulieferungen für die Automobilerstausrüstung, den Kfz-Ersatzteilhandel sowie den Bereich Thermotechnik. Es ist noch ein recht bescheidenes Geschäft; im vergangenen Jahr wurde ein Umsatz im unteren zweistelligen Millionenbereich erzielt. Bereits seit einigen Monaten sieht der weltgrößte Zulieferer im Iran eine „leicht verbesserte Wirtschaftssituation, auch die Stimmung im Land entwickelt sich zunehmend positiv“, so die Sprecherin. Eine Niederlassung oder Repräsentanz haben die Stuttgarter bisher im Iran nicht eingerichtet; 2010 hatte die Geschäftsstelle in Teheran die Arbeit beendet. Man verfolge die weitere Entwicklung aber genau. Dabei würden alle nationalen und internationalen Regelungen eingehalten, betont Bosch.

 

Daimler liefert Ambulanzfahrzeuge

Auch Daimler hat die Fühler ausgestreckt – und tätigt bereits „einzelne Geschäfte“, wie eine Sprecherin sagt. Seit Anfang des Jahres seien Ambulanzfahrzeuge und Wagen der E-Klasse von Mercedes in den Iran geliefert worden. Welchen Umfang das hat, sagt sie nicht. Aber auch ihr ist dabei sehr wichtig, dass „fortbestehende Sanktionen und sonstige exportkontrollrechtliche Vorschriften“ beachtet werden. Die beiden Beispiele zeigen: von normalen Beziehungen mit dem Iran ist der Westen noch weit entfernt. Aber das Interesse ist vorhanden – und es scheint größer als erwartet zu sein. Eigentlich wollte Landeswirtschaftsminister Nils Schmid Anfang September mit einer 60-köpfigen Delegation in den Iran reisen. „Der Andrang ist enorm“, sagt sein Sprecher. „Wir versuchen mehr Plätze zur Verfügung zu stellen.“

Vor allem Vertreter des Maschinenbaus, der Autoindustrie oder der Medizintechnik wittern gute Geschäfte in dem Land, das jahrelang unter den Folgen des Embargos geächzt hat. Wegen der Sanktionen beschränkten sich in den vergangenen Jahren die Exporte auf Medizin, Nahrungsmittel und Pflegeprodukte; Maschinen und Autos waren dagegen weitestgehend tabu. „Die Wiederbelebung dieses einst großen Marktes ist die Chance, an frühere Exporterfolge unserer Wirtschaft anzuknüpfen“, sagt Wirtschaftsminister Nils Schmid. Er bietet dafür seine ministerielle Hilfestellung an.

Die Textilindustrie bringt Arbeitsplätze

Regina Brückner hat nicht so lange gewartet. Die geschäftsführende Gesellschafterin des gleichnamigen Leonberger Textilmaschinenherstellers war bereits im April mit dem Maschinenbauverband VDMA zu einem Symposium in Teheran, „um unseren potenziellen Kunden deutsche Textilmaschinen vorzustellen“, sagt sie. Jetzt gehe es darum, relativ bald konkrete Geschäftsabschlüsse zu tätigen. Die deutschen Hersteller von Textilmaschinen setzen große Hoffnungen in den Iran, weil dieser Industriezweig – das sind sowohl Bekleidung als auch Teppiche – für das Land extrem wichtig sei, so Brückner. Sie begründet dies damit, dass die Textilindustrie oft eine der ersten Industrien sei, die sich in einem Land ansiedelt – weil sie „in der Regel viele Arbeitsplätze bringt“. Dies ist sicherlich wichtig für das Land, das eine hohe Arbeitslosigkeit und gleichzeitig viele junge Menschen hat. Allerdings müssen sich die hiesigen Unternehmen gegen die chinesische Konkurrenz durchsetzen, die in den vergangenen Jahren den Iran uneingeschränkt beliefern konnte.

Auch wenn Iran wieder in den Blickpunkt gerückt ist, insgesamt sind die Unternehmen doch eher vorsichtig – und wortkarg. Viel ist den Unternehmen nicht zu entlocken. Beispiel Festo: der Automatisierungsspezialist hat 1975 die Vertriebsgesellschaft Festo Pneumatic S.K. in Teheran gegründet. Heute verkaufe die Tochter Didactic dort unter anderem Lernsysteme. Bei Voith hofft man auf eine rasche Lockerung der Sanktionen, insbesondere „in den Bereichen, die reine Infrastrukturprojekte betreffen und das tägliche Leben der Menschen im Iran verbessern“, so ein Sprecher. Dazu gehören Projekte in den Bereichen Wasserkraft und im öffentlichen Nahverkehr. Das badische Unternehmen Herrenknecht, Hersteller von Tunnelbohrmaschinen, sieht im Iran einen wichtigen Zukunftsmarkt, denn in den dicht besiedelten Städten würden unterirdische Verkehrsinfrastrukturen benötigt. Doch die Unternehmen sind sich auch einig darin, dass die Projekte erst angestoßen werden können, wenn die Banken wieder Iran-Geschäfte finanzieren. Bis jetzt halten sich die Institute zurück; für sie sind die Sanktionen nämlich noch nicht aufgehoben worden. Und in der Vergangenheit wurden etliche Institute wegen illegalen Finanzierungen zu hohen Geldbußen verdonnert.