Bosch will die defizitäre Auto-Anlasser-Sparte bis Ende des Jahres ausgliedern. Dagegen wurde am Donnerstag in Gerlingen demonstriert.

Stuttgart/Gerlingen - Hochsommerliche Temperaturen und gleißender Sonnenschein konnten sie nicht abhalten: Mehr als 2000 Beschäftige aus ganz Deutschland sind am Donnerstag aus Protest gegen die geplante Abspaltung der Auto-Anlassersparte vor die Bosch-Firmenzentrale in Gerlingen bei Stuttgart gezogen. „Wir sperren uns nicht gegen Veränderung“, sagte der zweite Vorsitzende der Gewerkschaft und Bosch-Aufsichtsrat, Jörg Hofmann. Aber es brauche eine Perspektive und ergebnisoffene Verhandlungen für den Geschäftsbereich.

 

Der Technikkonzern hatte jüngst angekündigt, dass die Sparte bis Ende des Jahres ausgegliedert werden soll. Dann will Bosch einen Partner für ein Gemeinschaftsunternehmen oder einen Käufer finden. Das sei nach wie vor die Vorzugslösung, sagte Bosch-Personalchef Christoph Kübel. Interessenten hätten sich bereits gemeldet, Gespräche habe es aber noch nicht gegeben. Die Sorge der Arbeitnehmervertreter: Durch den ersten Schritt der Ausgliederung könnten Mitbestimmungsrechte bei einem möglichen anschließenden Verkauf ausgehebelt werden. Aus diesem Grund wolle man nun selbst Alternativen erarbeiten, sagte Konzernbetriebsratschef Alfred Löckle. Die Geschäftsführung habe sich bereit erklärt, diese zu diskutieren.

Bosch begründet Trennung mit dem harten Wettbewerb

Bosch begründet die Trennung mit dem harten Wettbewerb. Die Sparte sei nicht groß genug, die Kosten hoch. Konkurrenten sind der japanische Zulieferer Denso oder das französische Unternehmen Valeo. In den vergangenen zehn Jahren habe der Bereich einen Verlust im hohen dreistelligen Millionen-Bereich an Verlust angehäuft, bei einem Umsatz von 1,4 Milliarden Euro im Jahr 2014.

Die Mitarbeiter hätten in den vergangenen Jahren dazu beigetragen, die Sparte profitabler zu machen, sagte Aufsichtsrat Hofmann. Nach Angaben des Betriebsrats wurden in den vergangenen zehn Jahren unter anderem durch Verzicht auf Schichtzulagen oder Erfolgsprämien am Standort Hildesheim (Niedersachsen) 50 Millionen Euro gespart.

Weltweit arbeiten für die Sparte an 13 Produktionsstandorten insgesamt 6500 Mitarbeiter. In Deutschland sind rund 1400 Mitarbeiter beschäftigt. 500 Beschäftigte arbeiten in Schwieberdingen (Kreis Ludwigsburg), 900 in Hildesheim. 400 Mitarbeiter in Hildesheim seien aber Auszubildende oder hätten Querschnittsaufgaben, sagte ein Bosch-Sprecher. Sie dürften bei Bosch bleiben.

Die Anlasser-Sparte ist eine Keimzelle von Boschs Kfz-Geschäft

Der gesamte Standort Hildesheim hat bereits einen tiefen Strukturwandel hinter sich. Von ehemals 15 000 Beschäftigten Anfang der 80er Jahre sind nach dem Verkauf von Blaupunkt nur noch 3100 übrig. Erst Ende März hatte der Betriebsrat für den Standort Kündigungsschutz bis 2018 ausgehandelt. Ein Käufer müsse diese Vereinbarung einhalten, betonte Kübel. Das dürfte den Preis allerdings drücken.

Zur Kundgebung in Gerlingen waren nicht nur Mitarbeiter der betroffenen Standorte Hildesheim und Schwieberdingen angereist, es kamen auch Delegationen von anderen Bosch-Standorten und Mitarbeiter der Mercedes-Benz-Werke Sindelfingen (Kreis Böblingen) und Stuttgart-Untertürkheim.

Die Pläne hätten zu einer tiefen Verunsicherung über die Sparte hinaus geführt, sagte der Hildesheimer Betriebsratsvorsitzende Stefan Störmer. Es gehe die Angst um, dass „Bosch jetzt anfängt die Robert Bosch GmbH zu zerteilen“. Zuletzt hatte sich Bosch nicht nur von der Solarsparte mit rund 2600 Beschäftigten, sondern auch vom Großgetriebegeschäft bei BoschRexroth AG mit rund 1200 Mitarbeitern getrennt.

Die Anlasser-Sparte ist eine Keimzelle von Boschs Kfz-Geschäft. Bosch präsentierte im Jahr 1914 den ersten elektrischen Anlasser für Autos - die Mitarbeiterzeitung heißt nicht ohne Grund „Bosch Zünder“. Die Sparte sei ein Stück Industriegeschichte Stuttgarts, sagte Konzern-Betriebsratschef Löckle. Der Konzern bemüht sich allerdings seit Jahren, den hohen Anteil des Kfz-Geschäfts zu reduzieren.