Die Baustelle des neuen Bosch-Entwicklungszentrums in Renningen wird im Herbst mit Leben gefüllt. Spätestens im nächsten Jahr sollen hier rund 1200 Angestellte und 500 Studenten an Projekten forschen – wie zum Beispiel an einem automatisch fahrenden Auto.

Renningen - Wenn Andrej Chrzanowski aus seinem Malmsheimer Fenster blickt, hat er was zu beobachten: „Ich sehe genau, wie Bosch dort oben im Wald einen Turm baut“, sagt er. Und weil er sich die Baustelle einmal von der Nähe anschauen will, sitzt er jetzt zusammen mit 50 Interessierten im Bus. Die Robert Bosch GmbH hat zur Baustellenbesichtigung eingeladen. „Wir wollen Ihnen die Gelegenheit bieten, sich vor Ort ein praktisches Bild über den Fortgang der Bauarbeiten zu machen“, sagt Klaus Georg Bürger. Der weiße Helm auf dem Kopf weist ihn als Chef auf dem Bau aus. Und auch im Bus gibt er die Kommandos. „Wir fahren jetzt in eine Baustelle hinein“, sagt der Projektleiter.

 

Vor dem großen Hochhaus hält der Bus zum ersten Mal. „Bosch ist kein kleines mittelständisches Unternehmen“, sagt Klaus Georg Bürger. Und wer genau hinschaut, bemerkt ein kleines stolzes Lächeln im Gesicht des Projektleiters: „Wir haben hier ein richtiges Wahrzeichen für Bosch geschaffen.“ Im Oktober sollen die ersten Mitarbeiter einziehen, und bis dahin ist für die 130 beteiligten Firmen noch einiges zu tun. „Vorsicht, frisch gestrichen!“-Schilder hängen überall. „Zurzeit bauen wir die Gebäudetechnik ein, die ganz oben, im zwölften Stockwerk hinter den fünf großen Bosch-Buchstaben sitzt“, erklärt Jörg Meininger, einer der Bauleiter. Alle Gebäude sind an eine zentrale Heizungs- und Klimaanlage angeschlossen und deren Kamin steht ganz oben auf dem Hochhaus. „Aber machen Sie sich keine Sorgen. Das, was da zukünftig rauskommen wird, ist reiner Wasserdampf“, beruhigt Bauleiter Meininger.

In Malmsheim ist Platz für 1700 Mitarbeiter

Solche praktischen Infos interessieren die 50 Baustellenbesichtiger besonders. Denn noch kann sich niemand vorstellen, wie es sein wird, wenn hier spätestens im nächsten Jahr 1200 Angestellte und 500 Studenten forschen sollen. Bis es so weit ist, muss aber erst noch der Umzug gestemmt werden. „Die größte Herausforderung ist es, die ganzen Labore nach Malmsheim zu transportieren“, sagt Projektleiter Klaus Georg Bürger. Beispielsweise das Physik-Labor von Jens König. Er hat in der vergangenen Woche vom Bundespräsidenten den Deutschen Zukunftspreis für seine „Ultrakurzpulslaser“ bekommen und wird einmal im Gebäude Nr. 130 forschen, an dem die Gruppe jetzt vorbeifährt.

Noch fehlen allerdings ein paar pulverbeschichtete Alu- und Stahlblech-Abdeckungen am Physik-Gebäude. Und auch in den drei Teichen, die daneben liegen, ist noch kein Wasser eingelassen. „Die kleinen Seen dienen nicht nur dem Wettbewerb von Schöner Wohnen“, erklärt Projektleiter Bürger. Als Funktionsteiche sind sie nämlich Teil der Kläranlage. „Malmsheim ist der erste Bosch-Standort mit werkseigener Kläranlage.“

Vom Restaurant aus blickt man aufs schöne Heckengäu

Nur riechen darf man das nicht, denn gleich neben den Teichen liegt das vielleicht wichtigste Gebäude. „Wo ist denn die Kantine?“, hat eine Besucherin schon zu Beginn der Führung gefragt. „Hier sehen Sie Gebäude Nr. 140, unser Betriebsrestaurant“, erklärt Bauleiter Meininger. Von dort hat man einen schönen Ausblick auf das Heckengäu – und auf die Betonfläche des angrenzenden Flughafens. Da fallen dann auch kritische Nachfragen: „Warum haben Sie denn die Fläche geschlossen? Es ist in 50 Jahren nichts passiert“, fragt ein Besucher. Bauleiter Jörg Meininger will das Thema aber nicht diskutieren: „Im Moment bin ich bei Unfällen privat haftbar. Und bei Daimler hat es schon mehrere tödliche Unfälle gegeben“, sagt er. Wenn alles fertig sei, könne man vielleicht am Wochenende einen Teil der Anlage öffnen, deutet Meininger an.

Zurück in den Bus. Vorbei geht es an den Gebäuden „Mobilität“ und „Einbauhalle“, wo einmal am automatisch fahrenden Auto geforscht werden soll. Dass das automatische Automobil hier auch ausprobiert werden soll, macht Gisela Müller Sorgen: „Ich bin im Auftrag meiner Walking-Gruppe hier“, sagt die rüstige Rentnerin. „Wir gehen hier jeden Montag entlang und wollen wissen, ob das Gebiet dann gesperrt wird.“ Bürger kann sie beruhigen: Es wird zukünftig zwei Wege geben. Einen für die Autos und einen für Spaziergänger. Gisela Müller ist zufrieden, ebenso wie Andrej Chrzanowski. „Man muss weit laufen, bis man so eine architektonische Perle findet“, sagt der Malmsheimer. Eine Idee hätte der 70-Jährige allerdings noch: „Jetzt fehlt hier nur noch eine S-Bahn-Station. Dann müssten hier nicht jeden Tag fast 2000 Menschen mit dem Auto hochfahren.“