Nachgemachte Arzneien ist nicht erst seit der zunehmenden Bedeutung von Versandapotheken ein Thema. Nun glaubt man die Lösung gefungen zu haben – sehr zum Gefallen von Bosch.

Waiblingen - Gefälschte Medikamente sollen in wenigen Jahren der Vergangenheit angehören. Von 2019 an bekommt jede Medikamentenpackung, die innerhalb der EU abgegeben wird, eine eigene Verschlüsselung, vergleichbar einer Fahrgestellnummer im Auto, erläutert Jörg Willburger, der bei Bosch Packaging der Vertriebschef für diesen Bereich ist. Apotheken sind von diesem Zeitpunkt an verpflichtet vor dem Verkauf einer Arzneimittelpackung, die darauf gespeicherten Daten mittels Scanner herauszulesen und an eine Datenbank zu übermitteln, die die Echtheit des Medikaments bestätigt. Auch Versandapotheken sollen zu diesem Procedere verpflichtet sein. Nicht nur in Europa wird diese Regelung eingeführt, sondern weltweit. In der Türkei, wo besonders viele gefälschte Medikamente verbreitet sind, werde dieses Vorgehen bereits praktiziert, so Willburger. In den USA soll die Regelung Ende des Jahres eingeführt werden. Auch in Asien, wo etwa ein Drittel der Malariamittel nachgemacht sein sollen, soll es eine entsprechende Vorgehensweise geben. Die Datenbanken, in denen die Informationen gespeichert werden, seien weltweit vernetzt, so Willburger. Und da jede Medikamentenpackung versiegelt sei, könnten die Arzneien auch nicht einfach ausgetauscht werden.

 

Konjunkturprogramm für Bosch

Für Bosch könnte sich diese Regelung als eine Art Konjunkturprogramm erweisen. Rund 10 000 Kartoniermaschinen hat das Waiblinger Unternehmen im Laufe der vergangenen Jahre weltweit verkauft, die freilich nur zum Teil in die Pharmaindustrie gingen. Doch diese dürften nun in den nächsten Jahren nachgerüstet werden. Mit den Maschinen des Stuttgarter Konzerns werden nicht nur Tabletten und Spritzen verpackt, sondern beispielsweise auch Kaffeesahne in kleine Portionsbecher aus Plastik abgefüllt. Geschwindigkeit ist ein Wettbewerbsvorteil in diesem umkämpften Markt; die Maschine schafft denn auch 176 000 Becher in der Stunde – das sind 12,5 Badewannen voll Milch.

Bosch hat sich bei den Verpackungsmaschinen auf die beiden Bereiche Nahrungsmittel und Pharmaprodukte konzentriert. Beide Sparten tragen etwa 50 Prozent zum Umsatz bei; mittelfristig dürfte der Pharmabereich aber an Bedeutung gewinnen. Mit den Maschinen der Waiblinger werden Müsli- und Schokoriegel, Kaffeebohnen, Zucker und eben Tabletten sowie flüssige Arzneien verpackt. Das Geschäft sei in den vergangenen Jahren stark gewachsen – nicht zuletzt dank Zuwächsen, erläuterte Stefan König, seit kurzem der Vorsitzende des Bereichsvorstands von Bosch Packaging. So gründete Bosch etwa mit dem indischen Unternehmen Kleinzaids ein Joint Venture im Bereich Pharma. Der Bereich Nahrungsmittel wurde durch Übernahmen von Osgood Industries (Florida) oder Kliklok (Großbritannien) gestärkt. König schließt weitere Zukäufe nicht aus, aktuell seien allerdings keine geplant.

„Flaches Wacshtum“ im vergangenen Jahr

Im vergangenen Jahr habe es ein „flaches Wachstum“ gegeben, so König. Endgültige Umsatzzahlen liegen aber noch nicht vor; nach ersten Schätzungen lagen die Erlöse weitgehend unverändert bei 1,3 Milliarden Euro, fügte der Chef des Bereichsvorstands hinzu. Bosch habe dabei vom positiven Investitionsverhalten der Pharmabranche profitiert. Bei Maschinen für Nahrungsmittel, wo der Konkurrenzdruck höher sei, sei die Entwicklung verhaltener gewesen. Regional gesehen habe es die höchsten Zuwächse in Nordamerika und Europa gegeben, so König.

Der Firmensitz Waiblingen mit 900 Mitarbeitern wird derzeit umstrukturiert. Um dem Preisdruck zu begegnen setzt Bosch stärker auf baugleiche Maschinen für verschiedenen Anwendungen. In diesem Zusammenhang soll die Belegschaft im Bereich Nahrungsmittel um 150 Personen reduziert werden. Ein großer Teil davon soll in den Pharmabereich wechseln, der ausgebaut werden soll. Abgebaut würden etwa 35 Beschäftigte, so König. Eine weitere Reduzierung ist nach Einschätzung von König nicht erforderlich. „Der Standort hat Wachstumsthemen“, sagt er stattdessen – und meint damit etwa Angebote in der Fernwartung. So überwacht Bosch bereits die Maschinen von zehn Kunden von außen. Bereits kleine Veränderungen – etwa eine erhöhte Temperatur an gewissen Stellen – erkennen die Experten von außen und können frühzeitig reagieren, bevor die Maschine überhaupt ausfallen kann.