Der Beginn der Bosch Siemens Hausgeräte fällt mit dem Ende des deutschen Wirtschaftswunders zusammen. Ein Blick in die unternehmerische Vergangenheit.

Stuttgart - Es war in den 1960er Jahren. Mehr als ein Jahrzehnt lang konnten die Statistiker Jahr für Jahr zweistellige Wachstumsraten vermelden. Nun fielen die Zuwächse kleiner aus. „Mit der ersten Rezession im Jahr 1967 endete das deutsche Wirtschaftswunder“, schreibt das Statistische Bundesamt 2009 im Rückblick. Erstmals in der Nachkriegszeit sank das bereinigte Bruttoinlandsprodukt 1967 um 0,3 Prozent. Es gab Entlassungen; die Arbeitslosenquote stieg innerhalb eines Jahres von 0,7 auf 2,2 Prozent. Es war die Zeit, in der Europa näher zusammenrückte.

 

Für Unternehmen wie Bosch und Siemens hielt diese Zeit besondere Herausforderungen bereit. Bisher war ihr Geschäft vom enormen Nachholbedarf geprägt. Allein der Bosch-Umsatz mit Waschmaschinen, Kühlschränken und Küchenmaschinen schnellte zwischen 1950 und 1964 von 20 Millionen D-Mark auf mehr als 350 Millionen D-Mark (175 Millionen Euro) in die Höhe. Doch damals verdüsterten sich die Prognosen. Wegen Marktsättigung sei innerhalb von einem Jahrzehnt mit einer Halbierung des Kühlschrankabsatzes auf 400 000 Stück pro Jahr zu rechnen, hieß es in einer vertraulicher Notiz der Bosch-Verkaufsleitung. Nachzulesen ist sie in dem vor Kurzem erschienenen Buch „Bosch – Geschichte eines Weltunternehmens“ von Johannes Bähr und Paul Erker. Konkurrenten aus dem Ausland – vor allem aus anderen europäischen Staaten wie etwa Italien – drängten auf den deutschen Markt. Nur mit Kampfpreisen könnten sich hiesige Hersteller gegen die deutlich preiswerteren italienischen Haushaltsgeräte behaupten, schrieb die Stuttgarter Zeitung damals. Wie real die Gefahr war, machen folgende Zahlen deutlich: Während es auf dem großen US-Markt gerade mal acht Hersteller von Kühlschränken gab, tummelten sich in der Bundesrepublik 28 Anbieter.

In diese Zeit fielen die Pläne von Bosch und Siemens, enger zusammenzuarbeiten. Die beiden Konzerne wollten – vereinfacht ausgedrückt – ihre Kräfte bündeln, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Es ging nicht nur um Haushaltsgeräte, sondern auch um Rundfunk und Fernsehen. Gemeinsam setzten beide in diesem Bereich 1,2 Milliarden D-Mark um. Man wollte sich Entwicklungsausgaben teilen und Größenvorteile in der Fertigung nutzen. Doch der Start war holprig. Das Kartellamt stellte sich der geplanten Kooperation zunächst in den Weg. Es vermutete dahinter eine unerlaubte Kartellbildung. Dennoch preschten beide Unternehmen vor, sie präsentierten sogar einen unterschriebenen Vertrag. Die Kartellwächter konterten mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren. Letztlich einigte man sich auf eine „Bosch-Siemens Hausgerätegemeinschaft“ (BSHG), die als Führungsgesellschaft mit einheitlicher Leitung fungierte. Die Unternehmen schlossen sich zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammen, blieben rechtlich aber selbstständig. 1967 ging die BSHG an den Start.

Die Erfolgsgeschichte ging nicht immer nur aufwärts

Bosch und Siemens haben Erfolgsgeschichte geschrieben. Herbert Wörner, der 14 Jahre lang Chef des Unternehmens war und 2000 ausschied, hat seinen Anteil daran. Er hatte ein warnendes Beispiel vor Augen: „Wir müssen darauf achten, das es uns bei den Hausgeräten nicht so geht wie in der Unterhaltungselektronik, wo die ausländischen Konkurrenten den europäischen Markt überrannt haben“, sagte er und beackerte ferne Märkte. Kontinuierlich stieg der Auslandsanteil von 22 Prozent im Jahr 1974 über 42 Prozent im Jahr 1994 auf derzeit knapp 80 Prozent. Heute ist das Gemeinschaftsunternehmen, das 10,5 Milliarden Euro umsetzt und 308 Millionen Euro verdient, die Nummer eins in Europa und einer der Großen in der Welt. Die Expansion hat viel Geld verschlungen. Allein zwischen 1994 und 1997 wurde eine Milliarde D-Mark (rund 0,5 Milliarden Euro) dafür ausgegeben. Konkurrenten wurden gekauft, Werke gebaut. Heute hat das Unternehmen 41 Fabriken in 13 Ländern. Bekannte Namen wie Gaggenau, Constructa, Neff, Junker, Balay (Spanien) oder Coldex (Peru) gehören dazu.

Es ging beileibe nicht nur aufwärts. Mitarbeiter mussten dies schmerzlich erfahren. Immer wieder waren deutsche Standorte nicht ausgelastet. Im besten Fall wurde dann kurzgearbeitet, andernfalls Personal abgebaut. Allein 2003 haben 1000 Beschäftigte in Deutschland den Arbeitsplatz verloren, ein Jahr später wurden weitere 300 und wiederum ein Jahr später noch mal 200 Stellen gestrichen. Besonders hart traf es die Waschmaschinenfertigung in Berlin; das Werk wurde geschlossen. Heute ist in der Hauptstadt ein Forschungszentrum angesiedelt. In Deutschland gibt es sechs Fabriken, darunter Giengen/Brenz im Südwesten. Selbst von Gewerkschaftsseite wird das Werk als moderner und hochautomatisierter Standort gelobt.