Die Solarproduktion bei Bosch läuft – und beschert dem Konzern weitere Verluste –, bis das Thema Käufer entschieden ist. Der Sportwagenhersteller Porsche zeigt Interesse an den Mitarbeitern.

Stuttgart - Wenn es um die Zukunft der angeschlagenen Solarsparte geht, gibt sich Volkmar Denner zurückhaltend. „Wir sind derzeit in ersten Gesprächen mit Interessenten“, sagte der Bosch-Chef. Ziel sei, das Geschäft mit der Sonne entweder ganz zu verkaufen oder einzelne Bereiche davon. „Wir prüfen die Angebote. Es ist noch zu früh, Stellung zu nehmen.“ Mehr wollte Denner nicht sagen. Bosch gesteht sich aber anscheinend sechs Monate Zeit für den Prozess zu.

 

2008 war der Technologiekonzern in das Zukunftsgeschäft mittels Zukäufen eingestiegen. Im März verkündete Bosch den Ausstieg, nachdem kein Kooperationspartner gefunden wurde. „Verluste von solchen Ausmaßen sind längerfristig nicht tragbar“, sagte Denner gestern. Die Entscheidung sei gefallen, „um größeren Schaden vom Gesamtunternehmen abzuwenden“. Allein im vergangenen Jahr betrug das Minus eine Milliarde Euro – davon entfallen 450 Millionen Euro auf das operative Geschäft, der Rest sind Abschreibungen. In den vergangenen Jahren hat sich der Verlust auf rund 2,4 Milliarden Euro summiert, rechnete Denner vor.

Rund 3000 Mitarbeiter sind von der Entscheidung betroffen; 1800 davon sind im thüringischen Arnstadt. Mit einer Protestaktion haben die Beschäftigten bereits ihrem Unmut über die Entscheidung Luft gemacht; weitere Proteste sollen folgen. Nächste Woche ist ein Treffen der Bosch-Geschäftsführung mit dem thüringischen Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) geplant. Bosch Solar ist der größte Arbeitgeber in Arnstadt. Bei dem Gespräch wird es um die Zukunft der Mitarbeiter und des Standorts gehen.

Die ganze Branche spürt die Solarmisere

Der Standort gilt durchaus als attraktiv, das Werk als hochmodern. Dennoch dürften die Kaufinteressenten, die ein nachhaltiges Konzept haben, bei Bosch nicht gerade Schlange stehen. Der Grund: nicht nur Bosch spürt die Solarmisere, sondern die gesamte Branche. Der Weltmarkt ist von Überkapazitäten von 100 Prozent gekennzeichnet, alleine 2012 hat dies zu einem Preisverfall von 40 Prozent geführt. Ein Ende dieser negativen Entwicklung ist nicht in Sicht.

Vor Kurzem hat Chinas Solarriese Suntech Power, Nummer eins der Welt, Insolvenz angemeldet, und der Chinese LDK, nach Angaben der Marktforscher von IHS I-Supply Nummer zwei der Rangliste, musste eingestehen, seine Anleihe nicht voll bedienen zu können. Dabei ist Größe – auch wegen sinkender Stückkosten – ein Wettbewerbsvorteil in der Solarbranche. Die Kostenvorteile zwischen großen und kleinen Anbietern sollen bei rund 15 Prozent liegen; doch selbst für große Spieler sind schwarze Zahlen schwer zu erreichen. Bosch gehört in Deutschland bei Solar zwar zu den Großen, aber in der Weltrangliste tauchen die Stuttgarter mit ihrem Marktanteil von geschätzt knapp drei Prozent nicht unter den ersten zehn auf. Wer belastet sich in dieser Marktlage mit zusätzlichen Kapazitäten? – zumal der Arnstädter Vorteil einer hochmodernen Fabrik nur relativ ist. Die Überkapazitäten sind alle nach 2008 entstanden, alle Fabriken sind also neu. Bosch könnte ja Arnstadt mit alternativen Produkten auslasten, so die Hoffnung der Beschäftigten. Angesichts der konjunkturellen Risiken in Europa ist dies aber nicht einfach, ohne einen anderen Standort Geschäft wegzunehmen, sagte Denner.

Doch ganz so trostlos, wie es jetzt scheinen mag, ist die Lage der meist jungen Beschäftigten in Arnstadt nicht. Die Solarproduktion bei Bosch läuft – und beschert dem Konzern weitere Verluste –, bis das Thema Käufer entschieden ist. Doch freie Stellen im Konzern werden für sie reserviert, wenn ihre Qualifikation passt, ist zu hören. Angeblich gibt es bereits Anfragen von Dritten – vom Sportwagenbauer Porsche etwa, der im 120 Kilometer entfernten Leipzig investiert.