Seit Jahren sind die Obergeschosse der städtischen Immobilie Marktplatz 6 in Waiblingen eine Baustelle: Der Investor, der dort ein Hotel einrichten wollte, ist insolvent. Die Stadt hat sich mit ihm nun auf einen Vergleich geeinigt.

Waiblingen - Es hätte so schön sein können: Am Marktplatz, im Erdgeschoss des zweitältesten Waiblinger Hauses, verwöhnt der Sternekoch Bernd Bachofer seine Gäste mit klassischen oder asiatischen Fünf-Gänge-Menüs und edlen Weinen. Nach dem kulinarischen Abend steigen die Besucher eine Treppe höher und legen sich in den individuell gestalteten Zimmern eines Boutiquehotels zur Ruhe.

 

Bernd Bachofer und seine Crew kochen inzwischen tatsächlich in sanierten Räumen im Erdgeschoss des Fachwerkhauses aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Doch die oberen Geschosse der einstigen Apotheke sind seit vier Jahren eine Baustelle und unter der Rubrik „Hotel“ auf Bachofers Internetseite findet sich nur der Eintrag: „Das Hotel ist immer noch in Planung. Leider gibt es keinen konkreten Zeitpunkt.“

Ein Licht am Ende des Tunnels?

Nun allerdings scheint es in Sachen Hotelbaustelle doch ein Licht am Ende des Tunnels zu geben: In der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend hat der Oberbürgermeister Andreas Hesky verkündet, die Stadt habe mit dem Investor des Hotels vor dem Stuttgarter Landgericht einen Vergleich erzielt. Laut diesem gibt der Geschäftsmann Alexander Weis, der das Boutiquehotel einrichten wollte und einen Erbpachtvertrag mit der Stadt abgeschlossen hatte, „seinen Besitz an dem streitgegenständlichen Objekt am Marktplatz 6 vollständig auf zugunsten der Klägerin“, sprich: der Stadt Waiblingen.

Außerdem, so heißt es in dem Gerichtsschreiben weiter, gebe der Beklagte alle vorhandenen Unterlagen über die Immobilie an die Stadt zurück. Der Gemeinderat hat diesem Vergleich zugestimmt, bis zum 10. August, 12 Uhr, muss nun die Gegenseite ebenfalls grünes Licht geben. Dabei handelt es sich um eine Insolvenzverwaltung in England, denn Alexander Weis hat sich, so formulierte es Hesky, „entschieden, seine Insolvenz durch einen Aufenthalt in England zu bewältigen“. Eine Sache, welche die Verhandlungen weder vereinfache noch beschleunige. Weis habe bereits alle Akten zurückgegeben und erklärt, keine Ansprüche auf das Objekt zu erheben.

Im Jahr 2011 hatte der Waiblinger Investor und Geschäftsmann Alexander Weis der Stadt Waiblingen gemeinsam mit dem Gastronomen Bachofer vorgeschlagen, die oberen Geschosse des Fachwerkhauses als Übernachtungsmöglichkeit umzubauen. Die Verwaltung und eine Mehrheit der Gemeinderäte war höchst angetan von der Idee – auch weil viele befürchteten, Bachofer könnte der Stadt den Rücken kehren. Der Investor und die Stadt Waiblingen schlossen daraufhin einen über 30 Jahre gültigen Erbpachtvertrag ab, laut dem die Stadt weder für Baumaßnahmen noch Folgekosten aufkommen musste.

Gemeinderat: „ein Trauerspiel“

Ein vermeintlich gutes Geschäft, das sich nach der Pleite als „ein Trauerspiel“ entpuppt hat, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Roland Wied am Donnerstagabend klagte. Denn nach dem Vertragsabschluss geriet Weis’ Firma unter Korruptionsverdacht und daraufhin in wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Nun, so sagte Roland Wied, müsse der Gemeinderat dem Vergleich zustimmen, denn „wir brauchen die Schlüssel zurück um schalten und walten zu können. Das müssen wir nun durchstehen, wir haben keine Wahl.“

Seine Fraktion befürworte den Vergleich, sagte Wilfried Jasper (DFB). Vorwürfe gegenüber der Verwaltung hält er „für nicht angemessen“. Schließlich habe es sich beim Geschäftspartner um ein damals „hochsolventes Unternehmen“ gehandelt. In Zukunft werde man „bei solchen Dingen viel vorsichtiger sein“

Auch Alfonso Fazio von der Alternativen Liste (Ali) sagte, seine Fraktion werde dem Vergleich zustimmen, betonte aber, man sei von Anfang an gegen einen Erbpachtvertrag gewesen. Selbige dürfe die Stadt seiner Ansicht nach nicht mit Privatinvestoren, sondern allenfalls mit karitativen Organisationen abschließen. „Das Hotel für umsonst hat die Stadt viel Geld gekostet und wird noch mehr kosten.“

Die Stadt habe bislang nichts ins Haus investiert, stellte Andreas Hesky klar. Allerdings hat er bereits im vergangenen Jahr geschätzt, dass der Hotelumbau 500 000 bis 700 000 Euro kosten wird. Die Summe muss entweder die Stadt oder ein anderer Investor berappen, wenn Bernd Bachofers Gäste tatsächlich irgendwann eine Etage höher übernachten können sollen.