„We Were Here“ oder „This Is The Beginning“? Wie auch immer: Die zwei Singer- und Songwriterinnen Valeska Steiner und Sonja Glass - alias Boy - werden den 1200 Zuschauern mit ihren sphärischen Klängen und authentischen Texten sicher in Erinnerung bleiben.

Stuttgart - Und manchmal fragt man sich: Wie sieht eigentlich das perfekte Konzert aus? Man will, was man auf Platte nicht bekommt - aber es darf dennoch nicht all zu weit weg davon sein. Dann möchte man Künstlernähe, Zeilen, die im Kopf bleiben und einen Sound, der einen umhaut. Und nicht zu vergessen: die Musik. Ja, die Stimme samt Instrumenten, müssen auch live überragend klingen! Ein hoher Anspruch? Nein. Den Beweis liefern Boy am Sonntagabend im ausverkauften Im Wizemann. Valeska Steiners Stimme bringt einen leichten Schauer über den Rücken, Sonja Glass’ Bass lässt einen nicht mehr mit dem Wippen des Fußes aufhören und ein Lichterspiel von Scheinwerfern zaubert einen Schatten des Singer-Songwriter-Duos auf den Wänden des Wizemanns.

 

Die Stimmung ist traumhaft, freilich. Einige Zuschaueraugen fangen zu funkeln an. Bei dem Song „Boris“ werden die Augen größer, jede Zeilen wird mitgesungen. Aber nein, nicht zu laut. Kein Grölen. Die Zuschauer passen sich der leicht lieblichen Stimme Steiners an. Ein weiterer Gänsehautmoment. Die Musik geht bis unter die Haut. Steiner zupft an den Saiten ihrer Gitarre. Die Band, die seit dem letzten Stuttgarter-Gig (2011) im Schocken sich um Bandmitglieder erweiterte, spielt mal rockig - mal werden Töne nur kurz angespielt und doch werden sie zunehmend lauter. Boy sind bühnenreifer geworden. Die zarten Stücke auf dem just erschienenen Album „We Were Here“ sind live lauter, greifbarer. Beispielsweise „Hotel“ oder „New York“. Nur noch zwischen den Zeilen ist leichte Melancholie zu hören. Oder wenn sie sie gar mit Absicht hervorrufen. So wird das Stück „Skin“ - das von einem lyrischen Ich handelt, das aus dem Partykleid schlüpfen kann, aber nicht aus seiner eigenen Haut - zur Ballade.

Vom ersten Boy-Song an berührt

Insgesamt klingt das Konzert von Boy wie eine perfekt einstudierte Performance. Mit einer Ausnahme, die es letztlich wahrhaftig perfekt macht: Es gibt keine Setliste. Die beiden Frauen kichern lieber und sprechen sich vor den Songs noch kurz ab. Das ist der Augenblick, an dem man spürt, dass Boy, Boy sind. Ein Duo, das trotz Welttournee und internationalem Erfolg nicht abgehoben ist. Und auch gerne von sich erzählt. „Eine Freundin ist unglaublich schön und alle sind in sie verliebt, wenn sie sie sehen“, sagt Steiner, als sie den Song „Oh Boy“ ankündigt, Glass schmunzelt währenddessen und sagt: „Sogar ich hätte mich fast in sie verliebt!“

Dabei sind die zwei zauberhaften Damen von Boy selbst bildschön. Steiner kommt aus der Schweiz, Glass aus München, 2011 erschien ihr Debüt „Mutual Friends“. „Little Numbers“ der bekannteste Hit feierte auch in Japan die Top Ten. Ihre Touren gingen von Europa bis in die USA. Ob das ein Anfang oder nur ein Zeichen dafür ist, das sie da waren, ist gleich. Oh Boy, vom ersten Song an ist man im Im Wizemann berührt.

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