Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)
Wie wird sich der Bedarf an Benzin und Diesel in den nächsten Jahren entwickeln?
In den Industrieländern geht der Treibstoffbedarf zurück, weil die Autos immer effizienter werden. Weltweit wird der Absatz aber deutlich steigen. Außerhalb der OECD-Länder erwarten wir bis 2035 eine Verdreifachung der Zahl der Fahrzeuge mit   Verbrennungsmotor. Immerhin. Der Kraftstoffabsatz in den betreffenden Ländern wird im gleichen Zeitraum nur um gut 80 Prozent steigen.
Ganz abgesehen davon, was das für das Klima bedeutet: Wird es überhaupt genügend Öl geben, um diesen gewaltigen Nachfrageschub zu decken?
Zur Reichweite der weltweiten Ölreserven werden Sie von mir keine Prognose hören. Peak Oil – also die Annahme, dass der Höhepunkt der Förderung bereits überschritten ist – hat sich bis dato als eine Theorie erweisen, die durch die Realität widerlegt wird. Wir finden immer noch mehr Öl, als wir fördern – und das seit Jahrzehnten. Wenn man 1972 dem Club of Rome geglaubt hätte, müssten wir mindestens seit zehn Jahren auf dem Trockenen sitzen. Doch die nachgewiesenen Reserven waren noch nie so hoch wie heute.
Welche Rolle werden unkonventionelle Öl- und Gasvorkommen spielen, die es ja auch in Europa gibt? Und wie sieht es mit umstrittenen Fördermethoden wie Fracking aus?
Fracking ist für BP in Europa kein Thema. Die Voraussetzungen sind andere als in den USA. Die Bevölkerungsdichte ist viel höher, zudem fehlen Infrastruktur und Fördereinrichtungen. Dazu kommt ein anderer wesentlicher Punkt: die Eigentumsverhältnisse. In den USA gehören die Rohstoffe dem, dem das Land gehört. In Deutschland und Europa sind sie Eigentum des Staates. Warum sollte also ein Grundstückseigentümer sagen: Ihr dürft in meinem Garten bohren? Weltweit werden unkonventionelle Quellen dagegen stärker zum Tragen kommen – etwa Schiefergas, Teersande oder Tiefwasserbohrungen. Was davon genutzt werden kann, muss im Einzelfall entschieden werden.
Welche Rolle wird Biosprit künftig spielen?
Es gibt viele Argumente, die für Biokraftstoffe sprechen. Die erste Generation auf der Basis von Nahrungspflanzen ist sicher nicht der Stein der Weisen, war aber wichtig als Einstieg in die Technologie. Für die zweite oder dritte Generation müssen wir auf Reststoffe zurückgreifen oder auf Pflanzen, die dort wachsen, wo sonst nichts wachsen würde. Lebensmittel in den Tank zu packen, damit habe ich meine Probleme.
Heute verbrauchen wir in einem Jahr die Biomasseproduktion von Zigtausenden Jahren in Form fossiler Energieträger. So viel kann aktuell gar nicht in Form von Pflanzen nachwachsen. Wie viel Prozent Biosprit halten Sie für erreichbar?
Wir können da weltweit durchaus in eine substanzielle Größenordnung hineinkommen, wenn entsprechende Technologien da sind. Allerdings sollte man nicht gleich eine Revolution erwarten. Es geht um einen Evolutionsprozess, der etwas Geduld erfordert.