Exklusiv Die Energie-Gewinnung durch die umstrittene Fördermethode Fracking hat nach Ansicht des BP-Europachefs Michael Schmidt keine Zukunft in Europa. Die Voraussetzungen seien andere als in den USA, sagt der Topmanager im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)
Stuttgart – - Trotz der Probleme bei der Einführung der Benzinsorte E10 sieht der Ölmanager Michael Schmidt weltweit ein großes Potenzial für Biokraftstoffe. Von der Förderung von Schiefergas in Europa oder Deutschland hält er nichts.
Herr Schmidt, mit welchem Verkehrsmittel sind Sie heute nach Stuttgart gekommen?
Mit dem Auto aus Münster. 430 Kilometer in fünf Stunden. Für einen Wochentag ist das gar nicht so schlecht.
Mit einem Elektroauto wären Sie mit einer Batterieladung nicht so weit gekommen. Trotzdem gehören elektrische Antriebe zu den Hoffnungsträgern, wenn es um umweltfreundliche Mobilität geht. Bereitet Ihnen das als Manager eines Ölkonzerns Sorgen?
Ich bin weder gelassen noch besorgt. Reine Elektroantriebe werden auf jeden Fall ihre Nische bekommen, gerade im großstädtischen Bereich. Bis dahin wird aber noch einige Zeit vergehen, weil Elektroautos die Bedürfnisse der Verbraucher noch nicht hinreichend erfüllen – vor allem, was die Reichweite angeht.
Welche Rolle werden die einzelnen Antriebstechnologien im Jahr 2030 spielen?
Die nächsten 20 Jahre wird sicher noch der   Verbrennungsmotor dominieren. Der Trend wird dabei in Richtung Hybridantrieb gehen, also hin zur Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor. Auch das Segment der gasbetriebenen Fahrzeuge wird wachsen. Insgesamt werden alternative Antriebe aber nicht so schnell kommen, wie sich manche Politiker das wünschen. Die Entwicklung in den einzelnen Ländern wird auch unterschiedlich verlaufen. In Deutschland könnte der Hybridantrieb durchaus einen Marktanteil von zwei Dritteln erreichen. Weltweit wird sich der reine Verbrennungsmotor deutlich länger halten, weil er die preisgünstigere Variante ist.
Die Bundesregierung will erreichen, dass bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen fahren. Ist das realistisch?
Dieses Ziel ist sehr ambitioniert. Selbst wenn man die Hybridfahrzeuge dazuzählt, wird die Million aus heutiger Sicht schwer zu erreichen sein.
In einer früheren Werbekampagne hat Ihr Mutterkonzern das Kürzel BP mit „Beyond Petroleum“ übersetzt (deutsch: über Öl hinaus). Mittlerweile ist davon keine Rede mehr. Bleibt BP auf Gedeih und Verderb dem Öl- und Gasgeschäft verhaftet?
Ich persönlich habe den Slogan „Beyond Petroleum“ nie gemocht, weil er zu vielen Missverständnissen führte. Er wird heute nicht mehr verwendet. Öl ist nach wie vor unser Kerngeschäft. Wir sind als Unternehmen aber auch schon früh in alternative Energien gegangen. Wir waren einer der ersten Anbieter von Fotovoltaikanlagen hier in Deutschland und waren mehr als 35 Jahre auf diesem Feld engagiert. Allerdings haben wir unser Solargeschäft in Deutschland vor drei Jahren verkauft.
Sie haben also noch vor der schweren Krise der Solarindustrie den Absprung geschafft.
Ja, trotz des langen Atems, den wir hatten, ist es nicht gelungen, das Geschäft wirtschaftlich zu betreiben. Wir sind aber neben dem Geschäft mit Öl und Kraftstoffen weiter auf vielen anderen Feldern tätig – etwa bei Erdgas, Autogas oder Biokraftstoffen. Wir können aber nicht in alle alternativen Technologien gleichzeitig investieren.
Energiekonzerne bauen Stromtankstellen, und wer eine Fotovoltaikanlage hat, kann sein Auto zu Hause aufladen. Die Elektromobilität beschert Ihnen neue Wettbewerber. Schätzen Sie auch deshalb die Marktentwicklung so verhalten ein?
In den nächsten 20 Jahren wird sich an der Bedeutung des Verbrennungsmotors nicht viel ändern. Betrachtet man einen Zeitraum von 50 Jahren, sieht es schon anders aus. Da erwarte ich Technologiesprünge, die unser heutiges Geschäftsmodell zumindest mit einem Fragezeichen versehen könnten. Denken Sie nur an Fortschritte in der Batterietechnik, die zu höheren Reichweiten bei niedrigeren Kosten führen würden. Dann könnte sich durchaus die Frage stellen, ob wir Öl vielleicht besser für andere Zwecke einsetzen können. Im Moment bereitet mir das aber keine schlaflosen Nächte.