Die Innotrans in Berlin ist in dieser Woche das Mekka der Bahnbranche. Insbesondere im Ausland sind die deutschen Hersteller zurzeit erfolgreich – ungeachtet der Meldungen über Zulassungsprobleme und Lieferverzögerungen im Inland.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - In Messezeiten ist Optimismus gefragt. Das weiß auch Alexander Dobrindt. Der Bundesverkehrsminister lobt vor Beginn der Schienenverkehrsmesse Innotrans das System Eisenbahn in den höchsten Tönen: „Die Bahn kann das Verkehrsmittel des digitalen Zeitalters werden." Besonders die weltweit zunehmende Urbanisierung, sagte der CSU-Politiker, verlange weltweit „nach neuen und innovativen Mobilitätslösungen".

 

  Diese Lösungen will vor allem die hiesige Bahnindustrie bieten. Führende Hersteller wie der kanadische Bombardier-Konzern, der französische TGV-Produzent Alstom, Siemens und das Schweizer Unternehmen Stadler haben in Deutschland große Werke. Gefertigt werden Fern- und  Regionalzüge, Frachtlokomotiven, Stadt-, S- und U-Bahnen sowie Ausrüstungen für die Infrastruktur wie Signal- und Leittechnik. Die Geschäfte laufen zurzeit gut.

Bahn-Branche feiert Auftragsrekord

Voriges Jahr konnte die Branche mit ihren rund 50 000 Mitarbeitern einen neuen Auftragsrekord bejubeln. Besonders jenseits der Grenzen waren Loks, Züge und Komponenten aus hiesigen Fabriken gefragt, allein die Bestellungen aus dem Ausland summierten sich auf mehr als 6 Milliarden Euro. Der Exportboom sorgte dafür, dass der Auftragseingang um 42 Prozent auf 14,9 Milliarden Euro wuchs. Dieser Wert lag damit sogar 300 Millionen über dem bisherigen Rekordstand aus dem Jahr 2011.

  Die Bahnindustrie erlebte in den letzten Jahrzehnten einige heftige Rationalisierungswellen, ausgelöst durch die Liberalisierung und Globalisierung  des Schienenverkehrs. Im Personen- und Güterverkehr Europas sind die nationalen Barrieren gefallen, die grenzüberschreitende Konzentration rollt. Immer stärker dominieren einige große Konzerne die Märkte, sowohl bei den Bahnbetreibern als auch aufseiten der Industrie.   In Deutschland und Frankreich geben weiterhin die großen Staatsbahnen den Ton an, die mehr auf Kooperation als auf Konfrontation setzen. Auf der Innotrans wollen die Deutsche Bahn und die SNCF ihre 2007 begonnene Zusammenarbeit im grenzüberschreitenden Fernverkehr mit ICE und TGV verlängern. DB-Chef Rüdiger Grube und SNCF-Präsident Guillaume Pepy werden dazu eine Grundsatzvereinbarung im Beisein der Fachminister beider Regierungen unterzeichnen.

  Die großen Bahnen sind die wichtigsten Kunden der Hersteller von Schienenfahrzeugen. So hat Siemens einen Milliardenauftrag für den ICX erhalten, die Nachfolgerreihe des ICE und Intercity. Alstom wiederum fertigt traditionell die französischen TGV in seinen dortigen Werken. Bombardier ist besonders bei Regionalzügen und S-Bahnen gut im Geschäft. Der Ruf der Hersteller ist aber durch teils drastische Liefer- und Qualitätsprobleme in den letzten Jahren massiv beschädigt worden. /   So verzögerte sich die Auslieferung der ersten neuen ICE-Züge vom Typ Velaro D um mehr als zwei Jahre, weil Siemens lange keine Zulassung für die rot-weißen Flitzer erhielt. Der Konzern bekam die Softwaresteuerung der neuen Fahrzeuge einfach nicht in den Griff.

Die Deutsche Bahn wartet immer noch auf ICE-Achsen

Auch die bestehende ICE-Flotte der Deutschen Bahn ist seit Jahren nur bedingt einsatzbereit, weil viele der 250 Züge so unsichere Achsen haben, dass sie nach einem glimpflich verlaufenen Unfall vor sechs Jahre bis zu 20-mal häufiger in die Kontrolle müssen als zuvor Das verursacht Engpässe im laufenden Betrieb, unter denen viele Bahnreisende täglich leiden müssen.  Die 67 ICE-3-Züge müssen zum Beispiel schon nach 15 000 statt zuvor 300 000 Kilometer in die Inspektion. Der längst angekündigte Achsentausch hat bis heute nicht begonnen. Die „abschließenden Nachweise" seien aber Ende Juni beim Eisenbahn-Bundesamt eingereiht worden, heißt es auf Nachfrage bei der DB.

  Dennoch bleibt die Bahntechnik ein aussichtsreiches Geschäft, in dem zunehmend asiatische Hersteller eine gewichtige Rolle spielen. So haben nach einer Studie der Bahnexperten von SCI Verkehr die chinesischen Hersteller CNR und CSR den bisherigen Weltmarktführer Bombardier beim Umsatz mit rollendem Material überholt, weil der Schienenmarkt in Fernost boomt. Allerdings hat sich das Wachstum zuletzt deutlich abgeschwächt, weil Peking das gewaltige staatliche Investitionsprogramm nach der internationalen Finanzkrise stutzte. Der Trend spricht aber weiter für die Schiene. Auf allen Kontinenten wird der umweltschonende  öffentliche Verkehr in Zeiten hoher Spritpreise und der Klimaprobleme verstärkt nachgefragt.