Der Großbrand an der Uni Stuttgart hat einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe verursacht. Die Wissenschaftsministerin hat spontan Unterstützung zugesagt.

Stuttgart - Wir werden die Uni nicht allein lassen“ – mit diesen Worten hat die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) der Uni Stuttgart einen Tag nach dem Großbrand bei ihrem Besuch vor Ort unbürokratische Hilfe zugesagt. Wie berichtet, war am Sonntagmorgen im dritten Stock des Instituts für Systemdynamik auf dem Vaihinger Campus ein Feuer ausgebrochen. Die Ursache dafür ist weiter unklar, die Ermittlungen dauern an. Wegen des enormen Schadens, der laut Jochen Schönmann, dem Sprecher des Wissenschaftsministeriums, im zweistelligen Millionenbereich liegt, sei die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden. Die Polizei schließt Fremdeinwirkung weitgehend aus und hält auch vorsätzliche Brandstiftung für unwahrscheinlich, so eine Sprecherin. Nicht ausgeschlossen sei aber, dass jemand den Brand fahrlässig verursacht habe, etwa durch ein nicht ausgeschaltetes Gerät oder durch eine weggeworfene Zigarettenkippe.

 

Am Montagmittag machten sich auch Rektor Wolfram Ressel und Oliver Sawodny, der Leiter des betroffenen Lehrstuhls für Systemdynamik, ein genaueres Bild vom Ausmaß des Schadens. „An die zwei Millionen Euro sind uns durch unbrauchbar gewordene Messgeräte und IT-Technik verloren gegangen“, sagte Sawodny – „das systembiologische Labor ist vollständig zerstört“. Vom Fluchtbalkon des ausgebrannten dritten Stocks aus konnte sich auch die Ministerin durch die Fenster, die wegen der Hitze geborsten waren, ein Bild vom Schaden machen. Von der Einrichtung war in einigen Räumen praktisch kaum noch etwas zu erkennen, nur noch verrußte Metallgerippe, die einmal Rechner, Schränke oder Stühle gewesen waren.

„Hier kamen die Flammen meterhoch raus“, berichtete Ressel. Er war mit Sawodny, der von der Polizei angerufen worden war, am Sonntagmorgen kurz nach dem Ausbruch des Brandes auf den Campus geeilt. „Mir ist die ganze Infrastruktur kaputt gegangen“, sagte Sawodny, der viele Kooperationsprojekte mit Audi, Daimler und Bosch betreibt. Sawodny gehöre mit seinen 2,5 Millionen Euro an Drittmitteln, die er im Jahr für seine Forschungsprojekte einwerbe, zu den leistungsstärksten Kollegen, teilte Ressel der Ministerin mit. Allerdings sind die Forscher dabei auf eine intakte Infrastruktur angewiesen. Zum Glück seien jedoch alle Daten gesichert. Dass zu dem Zeitpunkt des Brandes niemand in den Labors gewesen sei, sei ein Glück, aber auch Zufall, sagte Sawodny. Denn ein Student habe sein Forschungsprojekt für seine Bachelorarbeit von zu Hause ferngesteuert betreut, doch plötzlich sei der Datenfile nicht mehr aktualisiert worden.

Vorlesungen für Maschinenbaustudenten fallen aus

Für die Maschinenbaustudenten fallen in dieser Woche alle Vorlesungen aus, denn von dem Großbrand und seinen Folgeschäden durch Ruß und Wasser in Mitleidenschaft gezogen worden seien auch sieben Hörsäle. Anders als zunächst angenommen könnten jedoch fünf dieser Hörsäle nach einer ausgiebigen Reinigung bereits in der nächsten Woche wieder in Betrieb genommen werden, kündigte Ressel an.

Sawodnys Mitarbeiter sind unterdessen dabei, sich im Erdgeschoss in einem Lehrsaal für Konstruktionstechnik provisorisch ihre Büros einzurichten. Auch Sawodny hat ein Ersatzbüro bezogen, um von dort aus den Betrieb an seinem Institut wieder einigermaßen ins Laufen zu bringen. Diese kurzfristigen Maßnahmen hatte Ressel mit seinen Mitarbeitern bereits am Montagmorgen in einer Krisensitzung organisieren können. Sawodnys Kollege Frank Allgöwer, dessen Räume teilweise auch durch den Brand beschädigt worden sind, wird die ganze Bescherung erst sehen, wenn er von einem Kongress zurückkommt, den er nun abbrechen werde.

Als Ironie des Schicksals bezeichnete es Sawodny, dass er noch am Freitag zuvor bei der 150-Jahr-Feier der Firma Magirus eingeladen gewesen sei. Für diese habe sein Institut die Regelungstechnik für die Schwingungsdämpfer in Feuerwehrleitern entwickelt. Bereits als Habilitant habe er diese Technik zum Patent angemeldet. „Aber so schnell hätte es nicht sein müssen, dass ich wieder mit einer Feuerwehrleiter zu tun habe“, meinte Sawodny.

Die Feuerwehr war, wie berichtet, am Sonntag um 7.32 Uhr über einen Brandmelder alarmiert worden. Bereits in der Nacht davor hatten Anwohner einen „unheimlichen, chemischen Gestank“ festgestellt und die Polizei angerufen. In den nächsten Tagen wird diese auch Zeugen befragen, so eine Polizeisprecherin. Zudem könne es sein, dass Sachverständige des Landeskriminalamts die Brandstelle untersuchen.

Vor gut drei Jahren war an der Uni Hohenheim die gerade frisch sanierte Unibibliothek von einem Brand zerstört worden. Damals wurde als Ursache ein Kurzschluss in der Brandmeldeanlage festgestellt.