Der Abschuss eines Wisents im östlichen Brandenburg am 13. September schlägt westlich wie östlich der Oder hohe Wellen. „Das ist dasselbe, wie Knut, den Eisbären, erschiessen“ empört sich eine Polin gegenüber dem Rundfunk Berlin Brandenburg.

Stuttgart/Lebus - Der aus Polens stammende 900 Kilogramm schwere Bulle wurde nahe des Städtchens Lebus auf Anweisung des Ordnungsamts erschossen. Ein Tierarzt mit einem Betäubungsgewehr sei vor Einbruch der Dunkelheit nicht aufzutreiben gewesen.

 

Wisente leben vor allem in ostpolnischen Waldgebieten. Doch dieser Bulle hatte sich seit einigen Jahren im westpolnischen Landkreis Slubicki aufgehalten. Er war eine Art Touristenattraktion oft fotografiert und geflimt worden, da er keine Aggessionen zeigte. Die Überquerung der Oder wurde ihm dann zum Verhängnis. „Wir sind aufgebracht, der Wisent hätte leben können“ so die Sprecherin des „Polnischen Staatswaldes“, die sich beschwerte, dass man in Deutschland nicht auf polnische Hilfe zählte.

Das zottelige Wildrind mit seinem markanten Buckel und den großen Hörnern gilt als eine Art Nationaltier an der Weichsel - eine Bank, eine Wodkafirma wie eine Brauerei werben mit ihm. In der Bierwerbung rettet ein Wisent stets andere Tiere vor dem Verderben, das Tier verkörpert behäbige Souveränität.

Dass der in Polen streng geschützte Wisent nun auf einem Brandenburger Grillfest verwertet wird, sorgt für zusätzliche Aufregung. Der WWF in Deutschland will klagen.

Auch politische Spitzen gibt es – der Europapolitiker der regierenden „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) Janusz Wojciechowski veröffentlichte via twitter sogar ein Gedicht mit der Pointe, dass „die Freiheit westlich der Oder“ für das polnische Tier tödlich gewesen sei. Eine Retourkutsche. Schließlich wird dem nationalkonservativ regierten Warschau von Brüssel und Berlin vorgeworfen, durch Eingriffe in das Justizwesen in Polen die Freiheit zu gefährden. Auch ausgerechnet bezüglich des Bialowiezka-Nationalparks, wo sich 596 der 1455 frei lebenden Wisente aufhalten, gibt es Ärger mit der EU. Polen hält sich nicht an die Weisung des Europäischen Gerichtshofs, die massiven Abholzungen in dem Urwald an der weißrussischen Grenze zu stoppen und verweist auf Borkenkäferbefall.

„Deutsche Logik – den geschützten Wisent abschießen, aber die Borkenkäfer in unserem Urwald schützen“ so eine von vielen Twitter-Meldungen, die noch verhalten klingt. Es ist der alte Vorwurf östlich der Oder, dass man in Deutschland Polen gern belehre, sich selbst jedoch mehr Freiheiten herausnehme. Der Ton in ist in Polen jedoch aggressiver geworden.

Was ist schlimmer, der Tod des Tieres oder die Welle des Hasses im Internet, fragt sich darum die liberale Gazeta Wyborcza.

Informationen über den Wisent

Der Wisent (Bos Bonasus) ist ein Verwandter des amerikanischen Bisons und kann bis zu 900 Kilogramm schwer werden. Noch im Mittelalter in Mitteleuropa verbreitet, wurde er durch Jagd dezimiert. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden dort die letzten Exemplare im Urwald von Bialowiezka zwischen Polen und Weißrussland die letzten Exemplare getötet; im Kaukasus wurde die Bergform des Bisons in den Zwanziger Jahren ausgerottet. Die Wiederansiedlung in Bialoweza gelang durch Tiere aus Freigehegen und Zoos. Mittlerweile haben andere Länder wie Rumänien und Deutschland im Rothaargebiete das Tier wieder in natürlichen Lebensräumen eingeführt.