Jedes Kind hat einen Namen. Warum sollte dann ein Gebäude keinen tragen? Markenbildung oder Branding wird so etwas genannt.

Sie heißen City Gate, Pariser Höfe, Milaneo, Look 21 oder Caleido. Bevor die ersten Mieter einziehen, haben viele Gebäude schon einen bedeutungsvollen Namen. Warum eigentlich? 'Jedes Kind hat einen Namen, also auch eine Wohnanlage oder ein Gewerbeobjekt', bringt es Stephan Kippes auf den Punkt. Der Professor für Immobilienmarketing an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt HfWU in Nürtingen-Geislingen sieht in der Namensgebung von Gebäuden auch ein werbetechnisches Instrument, um dem Objekt eine Identität zu geben.

 

'Es geht dabei darum, eine Immobilie sichtbarer zu machen und aus der Masse hervorzuheben.' Das sieht der Kölner Kommunikationsberater Jens Hüttenberger ähnlich. Der Name sei ein wesentlicher Bestandteil bei der Markenbildung eines Produktes. 'Eine emotionale Ansprache funktioniert ohne Namen einfach nicht. Namen wecken Bilder, Assoziationen, Gefühle, Stimmungen und Erinnerungen', sagt Hüttenberger. 'Was verbinden Sie mit der Rialto-Brücke und was mit einer Steinbrücke', erklärt er den Unterschied. Rainer Frick, Geschäftsführer der Presse-Company in Stuttgart, geht noch ein Stück weiter. 'Gerade bei öffentlichen Gebäuden, die in der Bevölkerung unterschiedlich aufgenommen werden, kann der Name auch zur Vertrauensbildung beitragen', glaubt Frick. Gerade bei öffentlichen Gebäuden sei es deshalb umso wichtiger, die Öffentlichkeit in die Namensfindung miteinzubeziehen.

Name darf nichts versprechen, was die Immobilie nicht hält

'Das hilft, Objekten Akzeptanz zu verschaffen', so der Experte. Erst kürzlich hat das Unternehmen einen Pitch - das ist ein Wettbewerb - gewonnen, bei dem es darum geht, ein in die Jahre gekommenes Wohngebiet neu zu positionieren. 'Das gelingt natürlich nur in enger Zusammenarbeit mit den Städteplanern, den Architekten und den Eigentümern der Immobilien', betont Frick. Auch wenn das Branding von Immobilien - darunter versteht man die Markenbildung - gerade im Premiumsegment von Objekten immer wichtiger werde, dürfe der Name aber nichts versprechen, was die Immobilie nicht hält, sonst kaufe der Kunde nicht, ergänzt Professor Kippes. Jens Hüttenberger wird da noch deutlicher: 'Gute Namen sind kein schmückendes Beiwerk. Sie sollen vor allem finanziellen Mehrwert bringen.' 'Um erfolgreich zu sein, muss der Name mit einer Geschichte - der Markenstory - verknüpft sein', ist für ihn deshalb unabdingbar.

Für Rainer Frick beginnt das schon bei der Vorgehensweise bei der Namensfindung: 'Wenn es um ein Gebäude geht, das eher eine lokale Ausstrahlung wie zum Beispiel eine Markthalle hat, würde ich von einem englischen Namen eher abraten'. Das sehe bei einem Objekt, dessen zukünftiges Mieterklientel eher international gesucht wird, schon ganz anders aus, so seine Einschätzung. Die Praxis aus den 1980er Jahren, Gebäuden Kunstnamen zu geben, hält Frick allerdings heute für nicht mehr für zeitgemäß.

'Derzeit gibt es einen ganz klaren Trend zu weniger Anglizismen', führt er aus. Der örtliche oder auch regionale Bezug zu einem Objektnamen wirke viel stärker, da er auch Vertrauen schaffe, ist sich Frick sicher. Dabei dürfe man aber auch bei diesen Namen nichts dem Zufall überlassen, sagt Jens Hüttenberger. Er habe festgestellt, dass oft die Kürzel, der Straßenname oder der Projektname einer Liegenschaft für die Vermarktung benützt würden. 'Das mag kurzfristig durchaus ausreichend sein, für ein Premium-Objekt, das über viele Jahre positioniert werden soll, möglicherweise nicht', meint der Kommunikationsberater.

Aus Sicht der Markenbildung für problematisch hält es Rainer Frick, wenn öffentliche Gebäude den Namen einer verdienten Persönlichkeit erhalten. 'Viele Gebäude halten länger als die Erinnerung an die geehrte Person', so Frick. Gerade bei international im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Objekten könne das kontraproduktiv sein, da international vielleicht der Name gar nicht so geläufig seit. Auch bei den Fußballstadien stellt der Fachmann eine Veränderung bei der Namensgebung fest: 'Heute muss alles Arena heißen, auch wenn es im Volksmund weiterhin das XY-Stadion ist', merkt Frick kritisch an.