Die Feuerwehren helfen dem Land zwangsweise beim Sparen. Das Geld aus der Feuerschutzsteuer fließt nicht komplett zum Brandschutz, sondern stopft Löcher im Landesetat. Sehr zum Unmut vieler Feuerwehren.

Region Stuttgart - Der Landesfeuerwehrpräsident ist erbost. „Das ist eine glasklare Zweckentfremdung“, sagt Frank Knödler, „dem sollte man Einhalt gebieten.“ Der Chef der Stuttgarter Feuerwehr und Vorsitzende der Wehren im Land übt scharfe Kritik an der grün-roten Landesregierung. Diese verwendet einen Teil der Feuerschutzsteuer nicht für die Feuerwehren, sondern stopft damit Haushaltslöcher. Rund 2,7 Millionen Euro sind im vergangenen Jahr in den allgemeinen Etat geleitet worden.

 

Leidtragende dieser Politik sind die Feuerwehren, die auf Zuschüsse für teils dringend benötigte Neuanschaffungen angewiesen sind – aber dieses Jahr in die Röhre schauen. „Es kann im Jahr 2015 zu kritischen Situationen bei der Fahrzeugbeschaffung kommen“, beklagt etwa der Pressesprecher des Landratsamts Esslingen, Peter Keck. Vor einigen Jahren lag die Förderquote im Land noch bei rund 100 Prozent, inzwischen droht sie dauerhaft unter 50 Prozent abzurutschen.

Bezahlt wird diese Feuerschutzsteuer aus den Prämien für Feuer- und Hausratversicherungen. Sie ist zweckgebunden und soll dem Brandschutz zugute kommen. Das Land zahlt jährlich rund 50 Millionen Euro Zuschüsse aus diesem Steuertopf an die Feuerwehren. Die Zuschüsse decken in der Regel rund 25 Prozent der Gesamtkosten ab. Doch das Geld, das darüber hinaus geht – voriges Jahr wurden rund 54,3 Millionen Euro eingenommen – wird anderweitig verteilt. Ein Drittel davon fließt in den Katastrophenschutz, der Rest geht in die „allgemeine Deckung des Haushalts“, so das Innenministerium.

Ob beispielsweise die Feuerwehr Bönnigheim ohne diese Zweckentfremdung ein neues Fahrzeug bekommen hätte oder nicht, weiß niemand so genau. Fakt ist jedenfalls: die Anschaffung eines rund 400 000 Euro teuren Hilfeleistungsfahrzeugs des Typs HLF 20 wurde vom Landratsamt Ludwigsburg als sinnvoll und notwendig eingestuft. Allein: mangels Geld erhielt die Wehr eine Absage – wie 13 andere Projekte im Landkreis Ludwigsburg auch. Timo Steinhilper, der Fachbereichsleiter für Ordnung im Bönnigheimer Rathaus, hält die Absage zwar nicht für katastrophal. „Dringend wäre es aber schon gewesen.“ Das zurzeit genutzte Fahrzeug habe schon 38 Jahre auf dem Buckel „und wird jedes Jahr wartungsintensiver“, sagt Steinhilper.

„Es ist schade und tut mir leid für unsere Feuerwehr“, sagt auch Nico Lauxmann, der Bürgermeister der Gemeinde Schwieberdingen. Das Landratsamt und der Kreisbrandmeister hätten bestätigt, dass im Ort ein neues Löschfahrzeug (Typ Lf-KatS) für rund 300 000 Euro höchst sinnvoll sei. Auch die Schwieberdinger kassierten aber eine Absage bei den Zuschüssen. Das bisher eingesetzte Fahrzeug ist 32 Jahre alt und darf nur noch per Ausnahmegenehmigung eingesetzt werden, weil es nicht mehr der Norm entspricht.

Lauxmann peilt eine ähnliche Lösung an wie Bönnigheim: „Wir werden wohl nächstes Jahr erneut einen Antrag stellen.“ Zwar könnten die Kommunen die Anschaffung auch komplett alleine finanzieren. Allerdings dürfte sich dafür in den Gemeinderäten keine Mehrheit finden, da man sich dadurch die Chance auf satte Zuschüsse ein Jahr später entgehen ließe. „Es ist sehr löblich, dass die Kommunen für die Feuerwehr investieren“, sagt der Landesfeuerwehrpräsident Frank Knödler. Als Remsecker Stadtrat weiß er aus eigener Erfahrung, wie gering die finanziellen Spielräume mitunter sind. „Ich kämpfe deshalb dafür, dass das Land die volle Feuerwehrsteuer auch den Feuerwehren zur Verfügung stellt.“

Von einer Zweckentfremdung der Steuern will man beim Innenministerium nicht sprechen. Das Geld sei zwar grundsätzlich zweckgebunden, dennoch könne sich der Landtag auch darüber hinwegsetzen. Das sei übrigens schon in den Haushaltsjahren 1996 bis 1998 geschehen. Die Lage werde dadurch verschärft, dass die Zahl der Anträge deutlich gestiegen sei. In den vergangenen Jahren habe das Antragsvolumen bei 25 bis 30 Millionen Euro gelegen. Dieses Jahr sei die Zahl auf knapp 48 Millionen Euro gestiegen. Abzüglich der laufenden Zuweisungen für das Feuerwehrpersonal blieben aber meist nur rund 21 Millionen Euro für Investitionsförderung übrig. Das Ministerium „hat Verständnis für die Situation der Gemeinden“, teilt der Pressesprecher Andreas Schanz mit. Im Entwurf für die Etats 2015/16 sei vorgesehen, den Wehren die volle Steuer zukommen zu lassen.

Projekte mit und ohne Förderung

Quote
: Das Sparprogramm des Landes betrifft den Landkreis Ludwigsburg weniger stark als andere Kreise. Hier wurden Anträge mit einem Fördervolumen von rund 1,3 Millionen Euro gestellt. Die Fördersumme liegt bei 852 000 Euro, also bei rund 65 Prozent. Im ganzen Regierungsbezirk Stuttgart hingegen konnten nur 48 Prozent des Antragsvolumens gefördert werden.

Projekte:
Die Priorität folgt der Formel „Gebäude vor Fahrzeugen“. Die größten Zuschussbrocken bei den Gebäuden im Kreis waren die Feuerwehrhäuser in Walheim (275 000 Euro Zuschuss) und Freudental (90 000 Euro). Die teuersten Fahrzeuginvestitionen sind eine Drehleiter in Remseck (305 000 Euro) und ein sogenanntes Hilfeleistungsfahrzeug (HLF) für Erdmannhausen (99 000 Euro).

Warteschleife:
Anträge, die nicht gefördert werden, sind (außer den Beispielen im Text oben) je ein Rettungsboot in Marbach und Remseck, ein HLF für Ludwigsburg, sechs Mannschaftswagen in Murr, Möglingen, Ditzingen, Gemmrigheim und Walheim sowie ein Kommandowagen in Korntal-Münchingen, je ein Einsatzleitwagen für Markgröningen und Kornwestheim sowie 103 Digitalfunkgeräte.