Die neue Frau im brasilianischen Landwirtschaftsressort, Kátia Abreu, ist stramm rechts und nimmt auf den Umweltschutz kaum Rücksicht. Nun wird es wohl noch mehr Monokulturen und Abholzungen geben.

Brasilia - Ein schöneres Weihnachtsgeschenk hätte man Brasiliens Farmern nicht machen können: Kátia Abreu wird Ministerin für Landwirtschaft. Kein Zweifel, dass die studierte Psychologin, die im Alter von 25 Jahren nach dem Unfalltod ihres Mannes die Fazenda der Familie übernahm, viel von der Landwirtschaft versteht – und allein das ist für die Branche schon Grund zur Freude, denn von den sechs Agrarministern seit 2006 hatte nur einer Bezug zur Scholle. Noch schöner ist für den Nährstand allerdings, dass die 52-jährige Senatorin bisher Präsidentin des Farmer-Verbandes CNA war.

 

250 Senatoren und Abgeordnete zählt die „bancada ruralista“, die parteienübergreifende Farmerfraktion, im brasilianischen Parlament. Und nun wird sie auch gleich die Spitze des Ministeriums stellen. „Miss Abholzung“, „Kettensägen-Queen“, „Gesicht des Bösen“, so nennen sie ihre Gegner. Die Ablehnung der Ökologen scheint ihr geradezu Spaß zu machen und ihre verlässlich konservativen Überzeugungen noch zu stärken: „Für mich ist diese Kritik die beste Bestätigung“, sagt sie, „das zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“ Routiniert rattert sie das Credo ihrer Klasse herunter: dass hinter den Ökologen in Wahrheit die Staaten stecken, die mit der Agrarweltmacht Brasilien konkurrieren und deren Aufstieg bremsen wollen; dass die kleine indianische Minderheit in Brasilien viel zu viel Land hält und natürlich auch dass eine moderne Landwirtschaft die Produktion erhöhen kann, ohne dass dafür abgeholzt werden muss.

Der Agrarsektor bringt ein Viertel des Sozialprodukts

Also genau das, was die Farmer in den letzten zehn Jahren stets beteuert haben, obwohl in dem Jahrzehnt des Agro-Booms 2002-2011 allein in Amazonien mehr als 150 000 Quadratkilometer Wald verschwanden. „Wir werden uns künftig noch näher sein“, säuselte Präsidentin Dilma Rousseff kürzlich, als Kátia Abreu ihre dritte Amtszeit als CNA-Chefin antrat, und Abreu gab artig zurück, die Staatschefin verstehe das Agrobusiness. Ob das stimmt oder nicht, ist insofern einerlei, als sich für Brasiliens Wirtschaft der Horizont verdüstert hat. Da ist Wachstum gefragt – und Brasiliens Agrarsektor ist für knapp ein Viertel des gesamten Bruttoinlandsproduktes und für 44 Prozent der Exporte gut. Während die Wirtschaft 2014 nur 0,1 Prozent gewachsen ist, dürfte die Landwirtschaft um drei Prozent zugelegt haben.

Die Senatorin war der Regierung früher gar nicht grün. Die Umweltministerin Marina Silva, die sich jahrelang für den Wald starkmachte und in ihrer Amtszeit tatsächlich eine kräftige Verringerung der Abholzung verbuchen konnte, war der konservativen Bauernfront stets ein Dorn im Auge. Dilma Rousseff, damals noch Energie-, später Präsidialamtsministerin, konnte die Kabinettskollegin, die 2008 entnervt über den fehlenden politischen Rückhalt aufgab, ebenfalls nicht riechen. Und wenn sich Abreu und Rousseff künftig noch näher sein wollen – richtig entfernt waren sie in letzter Zeit jedenfalls nicht. Bei der Novellierung des Waldgesetzes 2012 ist die Präsidentin den Farmern außerordentlich weit entgegengekommen. Ökologen halten die Neufassung für eine Katastrophe.

Die Ministerin will mehr Straßen durch Amazonien bauen

Kaum war sie in Kraft, stieg die Abholzung 2013 um 29 Prozent – die erste Zunahme seit 2005. Dass Abreu darauf dringen wird, auch andere Errungenschaften der vergangenen Jahre rückgängig zu machen, wenn sie die Fazendeiros stören, darf man annehmen. Sie will mehr Straßen durch Amazonien bauen, gegen das sogenannte Terminator-Saatgut hat sie genauso wenig Bedenken wie gegen größere Monokulturen. Wenn es nach ihr und den Agrariern im Parlament geht, dann soll nicht mehr die Indianerbehörde Funai über die Ausweisung von Indianergebieten befinden, sondern der Kongress.

Und was „sklavereiähnliche Arbeitsverhältnisse“ sind, ist ihr zu vage definiert. Als Ministerin untersteht ihr auch das wichtige Agrarforschungsinstitut Embrapa, und damit wird sie wohl auch bestimmen, für welche Art von Landwirtschaft dessen Wissenschaftler forschen. Abreu bedeute „mehr Gift auf dem Tisch, mehr Sklavenarbeit, mehr Repression gegen Indianer“, giftet die Landlosenbewegung MST. Die sozialdemokratisch orientierte Arbeiterpartei PT, der die Präsidentin angehört, hadert zurzeit schwer mit ihr. Mit Hilfe der Linken hat sie die Wahl im Oktober knapp gewonnen, aber im neuen Kabinett, mit dem Rousseff vom 1. Januar an regieren will, sind die wichtigen Posten alle mit ausgewiesenen Rechten besetzt.