Die Geschichtswerkstatt Stuttgart-Süd hat bei Dinkelacker-Schwaben Bräu das Brauereiwesen historisch beleuchtet. Der Besuch war Teil der Reihe „Gastro-Geschichten im Süden“. Die Teilnehmer erfuhren, welche Tricks die Brauer früher anwenden mussten, um das Bier kühl zu halten.

Stuttgart-Süd - Über dem Gelände der Brauerei Dinkelacker-Schwaben Bräu an der Tübinger Straße liegt ein süßlicher Geruch. Es ist der Geruch von Malz, in großen Edelstahltanks wird es hier zu Bier vergoren und anschließend gereift. Das war aber nicht immer so. Früher, ohne die modernen Anlagen, hatten die Bierbrauer damit zu kämpfen, das Bier kühl zu halten.

 

„Carl Dinkelacker hat den Standort hier bewusst gewählt“, erzählt Tobias Distler, Prokurist bei Dinkelacker-Schwaben Bräu. Die Karlshöhe befinde sich direkt dahinter, in den Hang habe man tiefe Keller bauen können. „Damals, im Jahr 1888, war das eine Randlage, heute sind wir im Herzen Stuttgarts“, sagt Distler. „Und darüber sind wir froh.“

Distlers Vortrag ist Teil der Veranstaltungsreihe „Gastro-Geschichten im Süden“, die von der Geschichtswerkstatt Stuttgart-Süd organisiert wird. „Der Süden war schon immer ein Zentrum der Stuttgarter Brauereiwirtschaft“, sagt Wolfgang Jaworek vom Vorstand der Geschichtswerkstatt. Heute brauten die beiden einzig verbliebenen Brauererein – Stuttgarter Hofbräu und Dinkelacker-Schwaben Bräu – ihr Bier hier. „Wir fanden deshalb, dass das Brauereiwesen zu unserem Jahresthema Gastronomie im Süden gut passt.“

Im Jahr 2008 wurde die Marke Wulle wiederbelebt

Tobias Distler gibt dazu zunächst einen Überblick über die vier großen Brauereien, die inzwischen zu Dinkelacker-Schwaben Bräu gehören. Die älteste davon ist die Wulle-Brauerei. „Ernst Imanuel Wulle stammte aus ärmlichen Verhältnissen, heiratete aber eine reiche Frau, die ihm dann ermöglichte, 1859 das Gelände an der Neckarstraße für seine Brauerei zu kaufen“, erzählt Distler. Er sei einer der ersten mit einer großen Brauerei gewesen. Nachdem die Brauerei Anfang 1970 schließen musste, belebte Dinkelacker-Schwaben Bräu die Marke 2008 wieder. Später kam noch die Weißbierbrauerei Sanwald hinzu.

Zu dem geschichtlichen Überblick zeigt Distler Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus dem Firmenarchiv, darunter viele Bilder vom Cannstatter Volksfest, bei dem eine jede Brauerei mit ihrem prächtig geschmückten Pferdegespann dabei war. Für die Gäste der Geschichtswerkstatt geht es anschließend tief hinab in die Keller der Brauerei. Bereits nach wenigen Treppenstufen wird es merklich kälter. In einem der alten Steinkeller erfahren die Besucher, dass es trotz der Tiefe im Hochsommer hier unten zu warm war, weshalb die Brauer in einem winterlichen Kraftakt Eis von den umliegenden Seen in die Keller schafften, um das reifende Bier zu kühlen.

Die Geschichte von Dinkelacker geht bis ins Jahr 1830

„Der Süden hat eine sehr lange Geschichte des Brauereiwesens“, sagt Ulrich Gohl vom Museumsverein Stuttgart-Ost. Acht der insgesamt 30 Brauereien, die es über die Zeit gab, standen im Süden. „Das älteste Zeugnis einer Brauerei konnte ich 1669 finden, bei der Burg Kaltental“, sagt Gohl. Die Geschichte von Dinkelacker kann er sogar bis 1830 zurückführen. „Da wurde eine Mühle, die vorher dort stand, zu einer Brauerei umgebaut“, sagt Gohl. Die kaufte später Carl Dinkelacker. „Eine Brauerei musste damals an einem Bach oder Fluss liegen, damit man die Abwässer losbekommen konnte“, erzählt Gohl. „Damit war eine Mühle ideal“, ergänzt Wolfgang Jaworek. Damals, im 19. Jahrhundert, habe sich viel entlang des Mühlbachs entwickelt. „Es war aber auch alles noch sehr dünn besiedelt zwischen der Stadt und dem benachbarten Heslach“, sagt Jaworek. Man müsse sich das vorstellen wie eine Streuobstwiese mit vereinzelten Gärtnerhäuschen.

Überhaupt habe Dinkelacker viel mitgemacht, während sich die Stadt immer weiter ausdehnte. Wolfgang Jaworek präsentiert alte Dokumente, die belegen, wie die Stadt wieder und wieder die Straßen umbenannte und erweiterte. „Erst lag die Brauerei an der Tübinger Straße, dann an der Neuen Tübinger Straße und an der Böblinger Straße, bis sie am Ende wieder Tübinger Straße hieß.“