Die Telekom baut derzeit das Vectoring im Landkreis aus. Vor allem ländliche Kommunen haben dabei das Nachsehen. Und wer selbst aktiv wird, riskiert am Ende noch, von der Telekom überholt zu werden.

Kreis Ludwigsburg - Man sieht es derzeit allerorten im Landkreis: aufgerissene Straßen und Gehwege. Sommerzeit ist Baustellenzeit. Ein Teil der Baustellen gehört zur Telekom, denn sie baut die Breitbandversorgung im Landkreis per sogenanntem Vectoring aus. Mit dieser Technik kann über die bestehenden Kupferleitungen, die früher alleine zum Telefonieren verwendet wurden, zumindest theoretisch eine Geschwindigkeit von bis zu 100 Megabit pro Sekunde erreicht werden.

 

Die alten Kupferleitungen vom Verteilerkasten zu den Haushalten können also bestehen bleiben, die Telekom rüstet nur die Leitungen von der Betriebsstelle zum Verteilerkasten hin mit dem schnelleren und verlustfreien Glasfaserkabel nach. Bis 2018 sollen 80 Prozent der Haushalte über eine Internetverbindung von mindestens 50 Megabit pro Sekunde im Download verfügen können. Vier Milliarden Euro jährlich gibt die Telekom dafür aus, 300 Millionen davon in Baden-Württemberg.

Ein kleiner Kasten ersetzt eine ganze Wand Kupferleitungen

Wie das dann in der Praxis aussieht, kann man beispielsweise in der Betriebsstelle Bietigheim an der Albert-Eber-Straße sehen, dem Hauptverteiler für Bietigheim-Bissingen. Drei Viertel aller Internetanschlüsse der Stadt laufen hier zusammen, bislang an einem etwa 20 Meter langen und drei Meter hohen Stahlgerüst, an dem die Kupferkabel verschaltet sind. Ein Kabel bedeutet einen Anschluss. Gleich gegenüber liegt die Zukunft: ein etwa ein Meter breiter Schrank, in dem die Glasfaserverbindungen zusammenlaufen. Dieser eine Schrank wird eines Tages den Kupferkabelsalat vollständig ablösen.

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, denn die Telekom kann immer nur schrittweise das Vectoring ausbauen (siehe Grafik), das obendrein auch umstritten ist, weil es die notwendige Innovation, den flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes bis in die Haushalte hinein, auf Jahre nach hinten schiebt.

Pilotprojektstadt Kornwestheim

Wie der Idealfall aussieht, zeigt ein Blick nach Kornwestheim. Die Stadt war 2013 eine Pilotgemeinde der Telekom beim Ausbau von FTTH (fibre to the home), also Glasfaser bis ins Haus. Zwölf Millionen Euro investierte das Unternehmen, grub 56 Kilometer an Straßen auf und versorgte die Bürger der Stadt so mit Bandbreiten von bis zu 200 Megabit. „Die Stadt war eine einzige Baustelle“, erinnert sich der Erste Bürgermeister Dietmar Allgaier. Würde die Telekom in allen Kommunen Deutschlands so vorgehen würde sie das je nach Schätzung bis zu 100 Milliarden Euro kosten.

Weil das nicht geht, erfolgt jetzt, mit Genehmigung der Bundesnetzagentur, der schrittweise Ausbau des kostengünstigeren Vectorings. Hier geraten jedoch jene Kommunen ins Hintertreffen, die eher schwach besiedelt sind. Denn ein schneller Ausbau lohnt sich für das zum Profit gezwungene Unternehmen nicht – und bringt ihm auch immer wieder den Vorwurf des Rosinenpickens ein.

Pleidelsheim hatte das Nachsehen

Viele Kommunen starten deswegen einen Breitbandausbau auf eigene Initiative und suchen sich andere, kleinere Netzbetreiber (siehe Interview). Dass ein solcher Vorstoß auch nach hinten losgehen kann, musste die Gemeinde Pleidelsheim erfahren. Sie hatte im Jahr 2013 für eine halbe Million Euro das Glasfasernetz bis zu den Verteilerkästen auf eigene Rechnung ausgebaut und auch schon einen eigenen Netzbetreiber gefunden, als die Telekom plötzlich doch auch ausbaute – das Geld hätte sich die Gemeine also sparen können. Der Bürgermeister Ralf Trettner ist bis heute erbost, wenn er zurückdenkt: „Wir wollten ursprünglich nicht ausbauen, und jetzt behindert uns die Telekom, wo sie nur kann.“ Zum Beispiel blockiere das Unternehmen die Umschaltungen auf den Alternativ-Netzbetreiber. Trettner findet: „Das ist eine Schikane, die hat System.“