Die Stadt macht Ernst mit ihrer Ankündigung, die Bürger an der Debatte über das von Dorotheen-Quartier zu beteiligen: Am 14. Juni gibt es eine öffentliche Diskussion – und das Interesse ist groß.

Stuttgart - Die Stadt macht Ernst mit ihrer Ankündigung, die Bürgerschaft an der Debatte über das von Breuninger geplante Dorotheen-Quartier am Karlsplatz zu beteiligen. Am 14. Juni, 18.30 Uhr, ist im Rathaus „eine öffentliche Bürgerinformation mit Diskussion zum aktuellen Stand der Planung“ anberaumt. Das Interesse an dem 200 Millionen Euro teuren Vorhaben ist jetzt schon groß, wie sich im Info-Laden an der Münzstraße zeigt. Dort hat Breuninger als Investor bereits mit der eigenen Bürgerbeteiligung begonnen und gibt in einem begehbaren Schaufenster Einblicke in seine Neubaupläne für edle Geschäfte, Lokale, Büros und Wohnungen. In den nächsten Monaten soll der Info-Laden auch zum Veranstaltungsort werden.

 

So manche Passanten drücken sich an der Schaufensterscheibe, die ehedem dem Schuhhaus Horsch gehörte, die Nase platt, um einen Blick auf „ein neues Stück Stuttgart“ zu werfen, wie schwarze Lettern auf der Glasfront ankündigen. Noch viel mehr Passanten aber sind ohne Schwellenängste und spazieren neugierig mitten ins Schaufenster, um sich den Animationsfilm anzuschauen, um sich in die großen Projektmodelle des Architekturbüros Behnisch zu vertiefen oder lange vor den Farbillustrationen des künftigen Dorotheen-Quartiers zu verharren, um dann ihr Votum spontan beim Schaufensterpersonal oder im neuerdings aufliegenden Gästebuch zu hinterlassen.

„Die meisten Leute finden das Projekt toll und freuen sich, dass sie sich jetzt schon ein Bild davon machen können, aber es kommen auch einige, die Kritik oder Anregungen bringen“, sagt der Breuninger-Sprecher Christian Witt. Insgesamt hätten sich seit Ende April rund 3000 Menschen vor Ort informiert, zunehmend kämen auch Schulklassen, Touristen- und Architektengruppen vorbei. Besonders an Samstagen sei der Andrang so groß, dass man samstags jetzt bereits um 11 Uhr und damit eine Stunde eher als sonst öffne.

Kontrovers geführte politische Debatten im Gästebuch

Gemeinsam mit ihrer Kollegin Cindy Russmann empfängt Shehide Asani an diesem Nachmittag die Besucher im Schaufenster und drückt auf die Kamera, wenn jemand vor den Neubaubildern posieren will, mit oder ohne Schildbekenntnis „I love Stuttgart“ oder „I love shopping“. Die sechs Hostessen, die im Info-Laden schichtweise von 12 bis 20 Uhr Ansprechpartnerinnen in Sachen Dorotheen-Quartier sind, müssen oft Fotografin spielen. „Viele wollen ein Erinnerungsfoto mitnehmen“, sagt Asani, „for free“, steht auf dem Aktionsschild.

Eine Besucherin , die sich eben den Film hat zeigen lassen, gehört nicht dazu. Sie macht aus ihrer Ablehnung der Planung keinen Hehl. Die gläsernen Dachaufbauten seien eine Energieverschwendung, und überhaupt, „Wer soll die einmal putzen?“ , schimpft sie lautstark. Von einem Ehepaar, das sich derweil von dezenter Hintergrundmusik begleitet in die Modelle vertieft, hört man keinen Mucks. Das Gästebuch lassen alle drei beim Hinausgehen links liegen. Andere aber haben schon so viel hineingeschrieben, dass sich die kontrovers geführten politischen Debatten darin trefflich widerspiegeln.

Auch nach dem Terminplan wird gefragt

„Völlig unmaßstäbliche Bebauung, der Genius Loci wird missachtet“, hat ein Kritiker hinterlegt. Just der nachfolgende Eintrag wirkt wie ein Konter. „Ich finde die Pläne beeindruckend und freue mich, dass dieser alte Stadtkern zu seiner ursprünglichen Bedeutung zurückfinden wird.“ Ein anderer schreibt: „Bei der Markthalle tiefer, dafür an der Hauptstätter Straße höher, hätte mir besser gefallen“. Der nächste Besucher wünscht einfach nur „viel Erfolg und alles Gute bei dem Riesenprojekt“. Zwei Seiten weiter steht: „Bin begeistert von der Idee, es ist eine Wertsteigerung für Stuttgart.“

Einige lassen Breuninger auch per E-Mail wissen, was sie von der Planung halten. „Viele legen Wert auf Begrünung, wollen eine gute Aufenthaltsqualität“, sagt Witt. Viele Fragen drehten sich auch um den Terminplan des Projekts, die neuen Geschäfte, um Parkplätze, Dachlandschaft und Gebäudehöhen. Geschäftsleute fragten bereits nach Ladenflächen, andere Interessierte erkundigen sich konkret nach den geplanten Wohnungen. „Manche würden sogar gerne kaufen“, sagt Witt. Aber nach bisheriger Planung werden nur Mieter Gelegenheit haben, in ein paar Jahren am Karlsplatz zu wohnen.