Wer James Lee Burke mag, wird an Brian Panowich nicht vorbeikommen: der amerikanische Autor entwirft in seinem Erstling „Bull Mountain“ ein Redneck-Epos von existenzieller Wucht.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - Unter den Thriller-Autoren gibt es Vertreter aller möglicher Berufe: Barkeeper, Dockarbeiter, Politiker, Universitätsprofessoren, Polizisten, Rumtreiber, bestimmt auch Stripper. Dieser hier – Brian Panowich – verdient sein Geld als Feuerwehrmann. Und man verzeihe den abgegriffenen Vergleich: sein Erstling „Bull Mountain“ geht ab wie die Feuerwehr.

 

Ein Sheriff als weißes Schaf der Familie

„Bull Mountain“, das ist die Geschichte der Familie Burroughs, die mit harter Hand ihr Revier in Georgia regiert. Rednecks allesamt, skrupellos, gewalttätig, zutiefst kriminell. Es ist eine so verkommene Familienbande, dass – Verwandtschaft hin oder her – selbst der Brudermord eine Handlungsoption darstellt. Und wie jede anständige Verbrecherfamilie hat auch dieses ihr weißes Schaf, den Sheriff Clayton Bourroughs. Doch der residiert in der Stadt und lässt aus guten Gründen seine Brüder im Hinterland wirtschaften, wie sie wollen.

Eines Tages taucht ein Bundesbeamter auf – Simon Holly mit Namen –, der dem Ordnungshüter einen Deal vorschlägt: Wenn Clayton seinen Bruder Halford überreden könnte, die organisierten Waffen- und Drogengeschäfte an den Nagel zu hängen und sich zur Ruhe zu setzen, würde der Clanchef straflos davonkommen. Ihm, Holly, gehe es lediglich darum, Halfords Geschäftspartner Oscar Wilcombe in Florida an den Kanthaken zu kriegen. Alles andere sei ihm egal.

Ohne große Hoffnungen macht sich Clayton erstmals seit Jahren auf den Weg zu seinem Bruder, der ihn im Kreise seiner Kumpane prompt halb tot schlägt. Doch der Lauf der Schicksals ist nicht mehr aufzuhalten – eine zentrale Rolle dabei spielt der Ausnahmepolizist Holly, der ein dunkles Geheimnis mit sich trägt.

Alles fügt sich zu einem großen Schlachtengemälde

Mit großem Raffinement baut Panowich eine Geschichte auf, bei der es am Ende fast nur Verlierer geben kann. Wie mit einem Baukasten setzt er, verteilt auf einen Zeitraum von sechseinhalb Jahrzehnten, Stück auf Stück, am Ende fügt sich alles zu einem großen Schlachtengemälde.

Auch wenn Panowich (noch) nicht den raunenden Erzählsog eines James Lee Burke beherrscht, kommt er mit seinem schwarzen Hinterwäldler-Epos doch nahe an den Altmeister heran. Mit dem Unterschied, dass bei Panowich der Fatalismus größer ist als die, wenn auch noch so sacht dahinvegetierende Hoffnung bei Burke.

Brian Panowich: Bull Mountain; aus dem amerikanischen Englisch von Johann Christoph Maass, Suhrkamp Taschenbuch, 335 Seiten, 9,99 Euro, auch als E-Book