Mit einem Schreiben, das wie das eines Amts wirkt, versuchte der Konzern seine Kabelanschlüsse zu verkaufen. Erst Proteste von Verbraucherschützern stoppten die fragwürdige Aktion.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Michael Gundall hat schon manch unverfrorene Werbeaktion von Unternehmen erlebt. Über die jüngste Vermarktungsidee von Vodafone schüttelt der Telekommunikationsexperte der Verbraucherzentrale Mainz noch immer den Kopf. „Das ist glatte Irreführung der Verbraucher“, sagt Gundall, „so etwas geht wirklich gar nicht.“

 

Was den Fachmann und betroffene Verbraucher nachhaltig verärgert hat, ist die fragwürdige Werbepost aus dem Hause Vodafone Kabel Deutschland, die kürzlich in viele Haushalte flatterte. Allerdings war die Reklame nicht als solche erkennbar, sondern erweckte den Anschein eines dringlichen Behördenschreibens, inklusive fingiertem Amts-Stempel und fettgedruckter Antwortfrist.

Unserer Redaktion liegt einer der verschickten Briefe der Vodafone Kabel Deutschland vom 18. Januar vor. Inhalt und Gestaltung verschleiern das wahre Ziel des Unternehmens, seine Kabelanschlüsse zu verkaufen. Besonders unverfroren: Ganz oben über dem Briefkopf signalisiert gleich ein großer Stempel, es liege bereits ein „wiederholter Zustellversuch“ vor, mitsamt handschriftlichem Unterschriftenkürzel einer angeblich zuständigen Abteilung.

Vodafone stellt den Kabelanschluss als scheinbar zwingender Ausweg dar

Darunter finden sich in einem Kasten die „Merkmale Vorgangsdaten“ einschließlich Kennzeichen des Sachbearbeiters und Rückrufnummer. Es folgt fettgedruckt der Betreff: „DVB-T-Abschaltung erfordert Umstellung auf moderne TV-Versorgung“. Und gleich im ersten Satz behauptet Vodafone dann, wegen der Abschaltung des Antennenfernsehens DVB-T seien „immer mehr Haushalte auf eine neue TV-Versorgung angewiesen“.

Danach wird irreführend der Kabelanschluss als scheinbar zwingender Ausweg dargestellt. Wörtlich schreibt Vodafone: „In Ihrer Region profitieren Sie dank des Ausbaus des hochleistungsfähigen Kabel-Glasfasernetzes von neuen Möglichkeiten im Bereich des Fernsehens.“ Und weiter: „Auch Ihre Wohnadresse fällt in eine der Regionen, in denen die fortschrittliche Breitband-TV-Versorgung möglich ist.“

Ohne jegliche Preisnennung, dafür mit einem kryptischen „Regionalschlüssel“ wird dann die „verfügbare Leistung“ eines Kabelanschlusses angeboten, versehen mit vielen winzigen, kaum erkennbaren Fußnoten. Darunter folgen der „wichtige Hinweis“ auf aktuell besonders günstige Angebote und eine „kostenlose Telefonberatung“. Noch einmal drängt Vodafone fettgedruckt zur Eile: „Melden Sie sich dazu bitte spätestens 28.02.2017 telefonisch bei uns.“

Die Verbraucherzentralen warnen vor Vodafones Werbeschreiben

Quer durch die Republik warnen Verbraucherzentralen inzwischen vor diesen unlauteren Werbeschreiben des Telefonkonzerns. Unter anderem in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Sachsen hat Vodafone Ärger mit Verbraucherschützern. In Sachsen verschickte Vodafone sogar schwarz-rot-gold gefärbte Postkarten an Haushalte mit dem Hinweis „Wichtige Information“, dringender Frist, dem Stempel „Wiederholter Zustellversuch“ und der Aufforderung, sich zu melden.

Katja Henschler, Juristin der Verbraucherzentrale Sachsen, hält solche verschleierte Werbung für rechtlich „äußerst bedenklich“ und laut Wettbewerbsrecht für unzulässig. Die angeschriebenen Verbraucher würden unter Druck gesetzt, anzurufen, weil sie andernfalls etwas Wichtiges verpassen könnten. In Wahrheit bestehe aber überhaupt kein Handlungsbedarf. Die Werbeschreiben von Vodafone führten nur in die Irre.

Tatsächlich versucht der Konzern die Unkenntnis und Verunsicherung von Verbrauchern in Sachen Fernsehempfang zu nutzen. Richtig ist zwar, dass das digitale Antennenfernsehen DVB-T ab Ende März in vielen deutschen Regionen abgeschaltet wird. Doch um den verbesserten Nachfolgestandard DVB-T2 in bester Qualität sehen zu können, reicht meist bereits die Anschaffung eines kleinen Zusatzreceivers, den es für einmalig 40 Euro aufwärts gibt.

Ein teurer Kabelanschluss ist nicht zwingend

Ein teurer Kabelanschluss, der pro Jahr mehrere hundert Euro kosten kann, ist für digitalen TV-Genuss jedenfalls nicht zwingend nötig. Im Vodafone-Kabelnetz seien sogar manche öffentlich-rechtlichen Sender wie ZDF Info oder One bis dato nur in Standardqualität empfangbar, kritisiert Verbraucherschützer Gundall. Per DVB-T2 gebe es diese Programme ab 29. März dagegen kostenlos und in hochauflösender Qualität (HDTV).

Vodafone hat nach eigener Aussage den weiteren Versand der Werbebriefe inzwischen gestoppt. Bisher habe es nur einen „ersten kleinen Testlauf“ gegeben, erklärt Sprecherin Andrea Deutschmann auf Anfrage. Auch „das Stilmittel der behördlich gestalteten Werbung“ werde man, so die Vodafone-Sprecherin, „bis auf Weiteres in keinem Werbemittel mehr einsetzen“. Den kritisierten Werbebrief will Vodafone „in dieser Form nicht mehr verwenden“. Am Imageschaden für den Konzern wird diese späte Erkenntnis aber nichts mehr ändern.