Ein 29-jähriger Syrer muss sich wegen Vergewaltigung vor dem Amtsgericht Marbach verantworten. Gegen den Mann ist ein zweites Verfahren anhängig. Er soll Mitglied des sogenannten Islamischen Staats gewesen sein.

Stuttgart/Marbach am Neckar - Am Amtsgericht in Marbach wird umgebaut. Das ist allerdings nicht der Hauptgrund, warum das Schöffengericht am Dienstag in das Mehrzweckgebäude des Oberlandesgerichts Stuttgart nach Stammheim ausgewichen ist. Das Schöffengericht verhandelt gegen einen Syrer, der eine seiner drei Frauen verprügelt und vergewaltigt haben soll. Solch ein Verfahren wäre auch in Marbach möglich gewesen. Doch auch die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen den 29-Jährigen. Es heißt, der Mann soll vor seiner Flucht nach Deutschland in seiner Heimat der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) angehört haben. Deshalb findet der Amtsgerichtsprozess in Stuttgart unter strengen Sicherheitsmaßnahmen statt.

 

Der Mann weist den Terrorvorwurf zurück

Die Vorsitzende Richterin streift die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft nur kurz. „Gegen Sie wird in einem zweiten Verfahren ermittelt, weil Sie beim Islamischen Staat gewesen sein sollen“, sagt sie. Der Angeklagte weist das von sich. Er sei damals gezwungen worden. Er habe in Syrien kein Geld und keine Arbeit gehabt. Wenn man den Anweisungen des IS nicht Folge geleistet habe, sei man verhaftet worden und spurlos verschwunden.

Den Oberstaatsanwalt Martin Renninger interessiert das am Dienstag nur am Rande. Er wirft dem Mann vorsätzliche und gefährliche Körperverletzung sowie Vergewaltigung seiner Ehefrau vor. So klar der Vorwurf ist, so unübersichtlich wird es in der Folge. Denn der Angeklagte hat offenbar drei Ehefrauen. Das Opfer soll die Ehefrau Nummer drei sein. Diese habe zeitweise in der Zwei-Zimmer-Wohnung des 29-Jährigen in Bietigheim-Bissingen gewohnt, in der er mit der Ehefrau Nummer eins, seinen beiden Kindern und mehreren Schwestern lebte.

Im März dieses Jahres soll es zu wüsten Übergriffen gekommen sein. Einmal habe der Mann das Opfer in die Nieren getreten. Bei einer anderen Gelegenheit habe er die Frau bewusstlos geschlagen. Schließlich soll er sie vergewaltigt haben.

All das bestreitet der Mann. Er habe seine dritte Ehefrau niemals geschlagen oder getreten. „Ich sitze hier wegen der Probleme meiner Frau“, lässt er übersetzen. Er meint das mutmaßliche Opfer. Seine dritte Frau sei ständig im Streit mit der Ehefrau Nummer eins gewesen. Ihr Problem sei zudem gewesen, dass sie keine eigene Wohnung habe. Er habe immer wieder schlichten müssen. Aber getreten, geschlagen, vergewaltigt? Nein, so der 29-Jährige.

Der Angeklagte verstrickt sich in Widersprüche

Die Schwester der Frau zeichnet ein anderes Bild. Sie sagt aus, sie habe ihre Schwester mehrmals aus dem Krankenhaus abgeholt, nachdem sie von dem Angeklagten geprügelt worden sei. Sie habe die blauen Flecken und andere Verletzungen selbst gesehen.

Mehrmals verstrickt sich der Angeklagte, der vom Verteidiger Jan Stockmann vertreten wird, in Widersprüche. Einmal sagt er, seine dritte Ehefrau habe von ihm Sex gewollt, es sei wegen des Streits mit der Ehefrau Nummer eins jedoch nicht dazu gekommen. Dann sagt er, er habe das Opfer an dem Abend, an dem die Vergewaltigung stattgefunden haben soll, mit der Hand befriedigt. „Wenn Sie ständig etwas anderes erzählen, besteht die Gefahr, dass ich Ihnen gar nichts mehr glaube“, so der Oberstaatsanwalt. Der Prozess wird fortgesetzt.