Exklusiv Der britische Botschafter Simon McDonald verteidigt das Nein seines Landes zu Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsident – und findet dafür deutliche Worte.

Stuttgart - Am Donnerstagabend wurde im Stuttgarter Porsche Museum „Queen`s Birthday Party“ gefeiert – der Geburtstag der Königin. Der britische Botschafter in Deutschland, Simon McDonald, nutzte seine Begrüßungsrede für offene Worte zum Ergebnis der Europawahlen und zur Diskussion über den nächsten EU-Kommissionspräsidenten. Die Stuttgarter Zeitung dokumentiert die Rede in Auszügen:

 

„Die deutschen Medien porträtieren das gerade als einen Konflikt zwischen Großbritannien und Premierminister Cameron auf der einen Seite und dem Rest von Europa und Jean-Claude Juncker auf der anderen: Großbritannien, so heißt es in vielen Medien, würde die demokratische Entscheidung Europas für Juncker blockieren. Ich will Sie aber daran erinnern, dass die Mehrheit der Europäer gar nicht gewählt hat. Die Wahlbeteiligung stieg nur um 0,09 Prozent auf 43,09 Prozent. Die meisten Europäer haben ihre Wahlentscheidung unabhängig von den Spitzenkandidaten getroffen – Deutschland war eine Ausnahme. Keiner der Spitzenkandidaten hat im Wahlkampf Großbritannien besucht. Juncker’s EVP hat in Großbritannien nur 0.18 Prozent erzielt. In ganz Europa hat die EVP nur zwölf Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten bekommen.

Juncker ist nach Ansicht der Briten der falsche Kandidat

Zweitens steht die Idee von Spitzenkandidaten nicht in den Verträgen. Der EU-Vertrag weist das Vorschlagsrecht für den EU-Kommissionspräsidenten dem Europäischen Rat, also den Regierungschefs der Mitgliedstaaten, zu. Das Parlament muss diesen Kandidaten dann mit einfacher Mehrheit bestätigen. Herr Juncker verlangt gerade, dass Europa sich – vermutlich von Großbritannien – nicht erpressen lassen soll. Aber es ist doch das Parlament, dass den vereinbarten Prozess bewusst torpediert, indem es den Rat warnt, nur den Kandidaten zu akzeptieren, den es selbst bevorzugt.

Wir denken, dass das Parlament den Rat erpresst, indem es eine demokratische Legitimität für den Spitzenkandidaten suggeriert, die gar nicht existiert. Wir denken, dass auch Herr Juncker’s persönlicher Werdegang und seine Politik teilweise erklären, warum so wenige Europäer überhaupt gewählt haben und warum so viele Europäer Protestparteien gewählt haben. Wir wollen, dass Herr van Rompuy (der EU-Ratspräsident, d. Red.) die Liste der Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten erweitert.

McDonald versichert, die Briten wollten in der EU bleiben

Bis jetzt haben die Europäischen Institutionen die zentralen Interessen der Mitgliedstaaten immer berücksichtigt. Falls unsere Bedenken diesmal ignoriert werden, würde das ein negatives Signal nach Großbritannien senden. Und das zu einer Zeit, in der Großbritannien gerade sein Verhältnis zum Rest Europas diskutiert. Wir wollen in der EU bleiben – das ist unser klares Ziel. Aber wir wollen auch, dass andere – auch Deutschland, auch Sie – wollen, dass wir bleiben.“