Die Hindernisläuferin Gesa Felicitas Krause hat bei der Leichtathletik-WM in Peking überraschend Bronze geholt. Auf der Zielgeraden lag die 23-Jährige sogar kurz auf Goldkurs.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Peking - Sie schlug immer wieder die Hände vors Gesicht. Fast ungläubig schaute sie im ersten Moment auf die große Videoleinwand unterm Dach dieses wunderbaren Stadions in Peking. Ja, es stimmte, dort stand ihr Name, und zwar nicht irgendwo in der Ergebnisliste dieses Endlaufs über 3000 Meter Hindernis, nein, von oben nach unten gesehen musste sie sich nicht lange suchen. An dritter Stelle tauchte sie auf, wirklich. Bronze. Gesa Felicitas Krause aus Frankfurt.

 

Über ihr standen da nur noch die Zweitplatzierte Habiba Ghribi aus Tunesien und die Weltmeisterin Hyvin Kiyeng Jepkemoi aus Kenia. Im Zielsprint war sie den beiden unterlegen, nachdem es nach der letzten Hürde kurz sogar danach aussah, als könnte vielleicht noch mehr herausspringen. Sie hatte das letzte Hindernis am Besten genommen und lag in Führung. Aber sie wurde noch abgefangen. Es war ihr egal, sie war einfach nur überglücklich nach der insgesamt fünften WM-Medaille für den DLV in Peking.

Sie presste immer wieder die Lippen zusammen, als sie wenig später vor den TV-Kameras über diesen größten Erfolg in ihrer noch jungen Karriere sprach. Es war ein Rausch der Emotionen, schließlich hatte sie vor der WM nicht damit gerechnet, hier eine Medaille zu gewinnen. Sie hatte einen Platz unter den ersten acht als Ziel ausgegeben und ein bisschen mit dem deutschen Rekord geliebäugelt (9:18,45 Minuten/Antje Möldner-Schmidt, 2009). Der Rekord wurde knapp verpasst, aber wen interessiert das in einem Meisterschaftsrennen? Eben. Gesa Felicitas Krause nicht, und auch sonst keinen: „Das ist genau das, was man sich immer vorstellt“, sagte die Läuferin von der LG Eintracht Frankfurt zu Bronze: „Das ist der Grund, wofür man das alles macht.“ Das Rennen, so sagte sie, sei ihr entgegengekommen. „Als ich gemerkt habe, dass es nicht so schnell wird, habe ich mir gesagt: Das ist dein Rennen.“ Das Tempo war nicht zu hoch, es war ein taktischer Lauf, ein ständiges Belauern, bis die Beschleunigung kam. Am Ende musste sie mit 9:19,25 Minuten Bestleistung laufen für diese Medaille.

Es war der Lauf ihres Lebens.

Für die deutsche Leichtathletik ist es eine besondere Medaille. Weil sie eben auf der Bahn geholt wurde, was Seltenheitswert hat für die Wurf-Stoß-und Sprung-Republik Deutschland, die gewohnheitsmäßig dort auch ihr Edelmetall organisiert. Die letzte Laufmedaille für den DLV bei einer Weltmeisterschaft hatte vor 14 Jahren Ingo Schultz mit Silber in Edmonton über die 400 Meter gewonnen.

Regelmäßig zum Trainieren nach Kenia

Als Schülerin hatte Krause in Poesiealben beim Punkt „Größter Traum“ immer die Teilnahme an den Olympischen Spielen notiert. Dieser Traum ging 2012 in London in Erfüllung, dort wurde sie Achte in der erst seit 2008 olympischen Frauen-Disziplin (im WM-Programm ist der Hindernislauf der Frauen seit 2005). „Mich haben frühere Lehrer angerufen und gesagt, ich hätte immer von Olympia gesprochen, aber sie hätten mir nie zugetraut, dass ich das wirklich ernst meine und schaffe“, hat die zierliche Frau früher erzählt. 2012 war sie Vierte der EM; nachdem die Zweitplatzierte Ukrainerin kürzlich wegen Dopings nachträglich aus den Listen gestrichen wurde, rückte sie auf den Bronzeplatz vor.

Das Lauftalent mit dem Motto „Die Konkurrenz schläft nicht, sie trainiert“ hat sich kontinuierlich gesteigert. Nach einem Loch nach Olympia 2012, in dem sie Sport und Studium unter einen Hut bringen wollte, hat sie sich nun immer näher an die absolute Spitze rangeschoben. Etwas fehlt noch, um in schnellen Rennen mitzuhalten, aber nicht mehr viel. Sie geht dafür regelmäßig nach Kenia, um in der Höhe zu trainieren, wie so viele Läufer. Letztmals war sie im März dort. Beim ersten Mal, 2010, habe sie nicht annähernd mithalten können. Mittlerweile werde es besser.

Das Anforderungsprofil des Hindernislaufes kommt ihr dazu im Vergleich mit den sonst auf Langstrecken dominierenden Läuferinnen aus Afrika entgegen: „Es ist halt nicht nur Laufen, sondern auch Technik und Taktik“, sagt sie. Während die redegewandte Krause formvollendet die Hindernisse nimmt, vollführt manch afrikanische Läuferin regelmäßig eher seltsame Hüpfer vor den Hürden. Bronze also – auch dank Vorsprung durch Technik.