Richard Weber hat zum 75. Jahrestag der Neubesiedlung die Geschichte Büsnaus aufgeschrieben. Der 80-Jährige ist einer der ersten Bewohner, die 1939 in die neugebauten Häuser eingezogen sind.

Büsnau - Kinder nehmen Gesagtes zumeist rigoros wörtlich. Richard Weber hat sich als kleiner Junge daher vorgestellt, dass Büsnau wie ein Schiff untergegangen ist. Da es rund um den Eissee am Steinbach nach Regenschauern immer so sumpfig war, dass man knöcheltief einsank, hat er sich ausgemalt, dass es damals eben besonders stark geregnet haben muss und Büsnau deswegen versunken ist. Wie er auf die Idee kam? „Als Sieben- oder Achtjähriger habe ich gehört, dass Büsnau eigentlich sehr alt ist, es aber einst untergegangen ist“, erzählt Weber.

 

Der 80-Jährige gehört zu den ersten Bewohnern, die im August 1939 die neu gebauten Häuser bezogen haben. Heuer wird also das 75-jährige Jubiläum der Neubesiedlung gefeiert, tatsächlich ist Büsnau aber viel älter. Bereits im Jahr 1109 wird es urkundlich erwähnt, damals noch als Bußnow. Die wechselvolle Geschichte mit Aufstieg und Niedergang bis zum Neubeginn hat Weber in seiner Broschüre festgehalten.

Aufschreiben, wie es wirklich gewesen ist

Die Motivation dafür ist zum einen seine Kindheitserinnerung gewesen. Für den anderen Grund muss er ein wenig ausholen. Der 80-Jährige ist als Techniker für die Universität Stuttgart und das Max-Planck-Institut tätig gewesen. Zeit seines Lebens hat er sich für Radio- und Funktechnik interessiert und war als Amateurfunker aktiv. „1981 habe ich auf Kurzwelle jemanden aus Argentinien auf Deutsch sprechen hören. Er hat einen Ausdruck benutzt, den ich kannte. Es war Buchenländerisch“, erzählt Weber. Neugierig geworden, funkte er denjenigen an. Es handelte sich um Rudolf Engster, den Bruder von Adolf Engster. Der wiederum ist ein Gründer der Buchenländer Siedlungsgenossenschaft gewesen, welche von 1946 an in Büsnau Wohnungen gebaut hat. Buchenländer sind Vertriebene aus dem rumänischen Bukowina; dieses ist 1940 an die Sowjetunion gefallen.

„Rudolf hat zu mir gesagt, er sei ein Gründer Büsnaus, das sei 1946 gewesen. Das kann nicht stimmen, dachte ich mir. Denn ich selbst habe ja schon 1939 mit meiner Familie dort gelebt“, erzählt Weber. Dies sei für ihn der Anstoß gewesen aufzuschreiben, wie es wirklich war. Bis er dazu kam, sollten jedoch viele Jahre vergehen. „Als Berufstätiger hatte ich keine Zeit. Erst als ich 1999 in Rente kam, fing ich an.“

Exemplare für die Nachfahren

Fertig geworden ist die Broschüre über die Geschichte Büsnaus 2014, passend zum 75. Jahrestag der Neubesiedlung. Bei einer Feier hat Richard Weber Exemplare seines Werks an die Familien verteilt, die heute in den Altsiedlerhäusern leben. „Von der ersten Generation der Altsiedler lebt niemand mehr, auch von der zweiten sind nicht mehr viele da“, erklärt der 80-Jährige. Es sei wichtig, dass die noch Lebenden ihre Erinnerungen und Erlebnisse von der Zeit des Zweiten Weltkriegs und den Jahren unmittelbar danach für die neuen Generationen festhalten, schreibt Weber in einem Begleitbrief, den er der Broschüre beigelegt hat.

Die Bedeutung der Buchenländer, die von 1946 an nach Büsnau kamen, will Weber nicht schmälern. „Denn sie haben Büsnau in der nachfolgenden Zeit wesentlich geprägt.“ Die Leistung der Altsiedler jedoch sei heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Dies liege wohl am nationalsozialistische Hintergrund. Denn die 1938 begonnene Siedlung im Nordwesten Vaihingens sollte eine SA-Siedlung werden. Wegen des Krieges sei der Bau 1940 ins Stocken geraten. Dennoch hätten die Altsiedler beinahe die komplette Infrastruktur erschaffen, berichtet Weber. „Der schnelle Ausbau Büsnaus nach Kriegsende wäre ohne die Vorleistung der Altsiedler nicht möglich gewesen.“ Dies dürfe nicht in Vergessenheit geraten, findet er. Seine Broschüre soll daran erinnern. Damit das Wissen um Büsnaus Geschichte nicht untergeht.

Weitere Informationen:

Quellen
Der Autor Richard Weber hat die Informationen über die Geschichte Büsnaus unter anderem aus Beständen des Stadtarchivs und des Tiefbauamts, aus dem Buch „Vaihingen, Rohr, Büsnau und Dürrlewang – aus der Geschichte eines Stuttgarter Stadtbezirks“ (Verlag Karl Scharr), aus Niederschriften des ehemaligen Bezirksvorstehers von Vaihingen, Walter Mezger, aus Zeitungsartikeln sowie aus Erinnerungen zusammengetragen.

Die Broschüre
„Büsnau und seine Geschichte“ ist vergriffen; Richard Weber hat alle Exemplare der Erstauflage verteilt. Geplant ist allerdings, eine erweiterte Neuauflage zu veröffentlichen. Weber sucht derzeit nach einem Verlag.