Die EU-Kommission hat die Details des gemeinsamen Abwicklungsfonds veröffentlicht. Zwar werden kleine Genossenschaftsbanken und Sparkassen wie gewünscht entlastet, aber es gibt auch Vergünstigungen – etwa für Frankreichs Großinstitute.

Brüssel - Wer riskantere Geschäfte betreibt, muss künftig eine höhere Bankenabgabe berappen: Nach monatelangem Streit darüber, welche Geldinstitute welchen Anteil am 55 Milliarden schweren Bankenabwicklungsfonds für die Eurozone übernehmen müssen, hat die EU-Kommission am Dienstag zwei entsprechende Gesetzesvorschläge vorgelegt. Danach sollen größere Banken tendenziell stärker belastet werden als kleine, was angesichts der Tatsache, dass die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken relativ gut durch die Finanzkrise gekommen sind, ein zentrales Anliegen der Bundesregierung war. Das Gesetz muss noch von den EU-Regierungen und dem Europaparlament gebilligt werden, die aber im Vorfeld eingebunden waren. Daher rechnet die Bundesregierung mit einer Zustimmung: „Wir haben die begründete Hoffnung“, so ein EU-Diplomat, „dass damit alle leben können.“ Wegen einiger Änderungen in letzter Minute zeichnet sich aber Widerstand im Parlament ab.

 

Von den 55 Milliarden Euro, die bis 2023 zur Abwicklung maroder Institute von der eigenen Branche bereit gestellt werden, müssen die deutschen Banken nun 15,4 Milliarden übernehmen. Der größte Batzen entfällt dabei auf die größten Banken – nach Angaben der EU-Kommission werden jene Institute mit 85 Prozent der Bilanzsummen in Euroland 90 Prozent der Bankenabgabe abführen, was gut 400 Banken entspricht. Ihr Anteil liegt höher, weil ein gewisser Risikofaktor eingeführt wird – abhängig von der vermeintlichen Systemrelevanz des Hauses und davon, wie verstreut spekulative Risiken verteilt sind. „Eine Bank wird umso eher auf den Fonds zugreifen, je risikoreicher ihr Geschäftsmodell ist“, so der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber, der zusammen mit anderen Abgeordneten auf einen höheren Risikoaufschlag gedrungen hatte: „Deswegen ist es nur fair, dass solche Institute auch höhere Beiträge zahlen.“

Kleinere Institute wie die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken müssen zwar auch in den Topf einzahlen, profitieren aber von mehreren Faktoren: Ihr Risikofaktor ist geringer, und die Beiträge, die sie für ihre hauseigene Institutssicherung zurücklegen, reduzieren zusätzlich die Überweisung an den europäischen Abwicklungsfonds. Außerdem zählen die gesicherten Spareinlagen ihrer Kunden bis 100 000 Euro nicht zu den Verbindlichkeiten, die die Bemessungsgrundlage der Abgabe bilden – und dieser Anteil ist gerade bei den Sparkassen besonders hoch.

Andere Länder zahlen für Frankreich mit

Darüber hinaus sind Pauschalbeträge für kleine Institute vereinbart worden. Sie reichen von 1000 bis 50 000 Euro im Jahr, wenn ihre Bilanzsumme weniger als eine Milliarde Euro beträgt. Nationalen Behörden wie das deutsche Bafin wird ein gewisser Spielraum bei der Einordnung in die Kategorien zugestanden. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband begrüßte die „erhebliche Erleichterung“ im Vergleich zu den ersten Gesetzentwürfen der Kommission. Dessen Präsident Georg Fahrenschon sprach dennoch von einem strukturellen Fehler: „Die Abgabe ist und bleibt für Institute, die sie niemals in Anspruch nehmen werden, eine ungerechtfertigte Belastung.“

Für die Entlastung kleinerer Banken hatte sich auch das Parlament eingesetzt. Für Ärger sorgt dort nun vor allem ein sogenannter „Ausgleichsmechanismus“, den die Kommission erst am Schluss in den Gesetzestext aufnahm. Hintergrund ist, dass es bei der Berechnung der nationalen Abgaben und dem Einheitssystem große Unterschiede gibt – namentlich für Frankreich. Dessen Banken hätten nach den Regeln der EU-Richtlinie ab 2015 über die Jahre 10,1 Milliarden Euro entrichten müssen, die Risikovergemeinschaftung ab 2016 hätten Zahlungen von 17 Milliarden mit sich gebracht, da Frankreichs Banken vergleichsweise mehr Risiken in der Bilanz haben.

Der zuständige französische Kommissar Michel Barnier wollte dem Vernehmen nach die gesamte Differenz auf die anderen Banken umlegen. Nach Protesten hinter den Kulissen werden jetzt „nur“ 2,3 Milliarden Euro umgelegt. Im Ergebnis zahlen die deutschen Banken damit rund 400 Millionen Euro mehr, als sie eigentlich müssten. „Diese 180 Grad-Drehung in letzter Minute ist für mich nichts anderes als ein Zugeständnis an Frankreich“, teilte der CSU-Mann Ferber mit, der nun mit einem Nein droht. Er bedauere, dass die Kommission ein System unterstütze, „in dem Bankabgaben nach Nationalität bezahlt werden und nicht nach Risiko“.

Mit der Umverteilung und der starken Betonung der Bilanzsumme würden die Abgaben der Institute „nicht proportional zum Risiko ihrer Geschäfte berechnet“, kritisiert der Grüne Sven Giegold. Der SPD-Abgeordnete Peter Simon sagte, der Vorschlag gehe „vom Ansatz her in die richtige Richtung“, doch habe er sich „eine deutlich stärkere Differenzierung nach Risiko gewünscht“. Das Europaparlament entscheidet aber nur bei der Richtlinie zu den nationalen Abgaben mit. Der Abwicklungsfonds basiert auf einem zwischenstaatlichen Vertrag der beteiligten EU-Staaten. Aber auch sie können – auf eigenen Wunsch hin – den Kommissionsvorschlag nur mit einer sehr großen Mehrheit noch verändern.