Die Ukraine und Russland verhandeln ab heute in Brüssel weiter über eine Lösung im Streit um Gaslieferungen. EU-Energiekommissar Günther Oettinger versucht dabei, zu vermitteln.

Brüssel - Die Ukraine und Russland verhandeln ab heute in Brüssel weiter über eine Lösung im Streit um Gaslieferungen. EU-Energiekommissar Günther Oettinger versucht dabei, zwischen dem ukrainischen Energieminister Juri Prodan und seinem russischen Gegenüber Alexander Nowak zu vermitteln.

 

Die Ukraine hofft auf eine Einigung mit dem wichtigen Gaslieferanten Russland noch vor dem Winter. Moskau beharrt auf der Begleichung ukrainischer Schulden für frühere Lieferungen.

Strittig ist nach Angaben der EU-Kommission, wie viel die Ukraine für schon erfolgte Gaslieferungen zahlt und wann dies geschehen soll. Auch wie viel Gas das Land den Winter über aus Russland erhält und zu welchen Konditionen, ist noch unklar.

Im Gasstreit forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Führung in Kiew zu mehr Verantwortung bei der Lösung des Konflikts auf. Jeder müsse seinen Beitrag leisten, sagte Merkel nach einem Treffen mit dem slowakischen Regierungschef Robert Fico am Montag in Bratislava. "Es wird nicht so funktionieren, dass die Ukraine erwartet, alle werden etwas zur Lösung der ukrainischen Probleme tun, nur die Ukraine selbst nicht", warnte Fico. Kiew dürfe nicht davon ausgehen, dass Brüssel die ukrainischen Gasschulden bei Russland übernehme.

Oettinger setzte sich bei einem Besuch in Kiew für eine Deeskalation ein. Die EU wolle zu einer raschen Lösung des Gasstreits beitragen, teilte das ukrainische Energieministerium nach Gesprächen mit Oettinger mit. Vertreter Kiews und Moskaus wollen an diesem Dienstag unter Vermittlung der EU-Kommission in Brüssel über den Gaskonflikt verhandeln.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte am Wochenende eine Einigung mit Russland auf einen "Winterpreis" von 385 Dollar je 1000 Kubikmeter verkündet. Der russische Außenminister Sergej Lawrow bestätigte in Moskau der Agentur Interfax zufolge, dass über einen Preis für die kommenden fünf Monate gesprochen worden sei.

Russland verlangt 4,5 Milliarden US-Dollar

Russland verlangt von der Ukraine bis zum Jahresende 4,5 Milliarden US-Dollar (rund 3,5 Milliarden Euro) für frühere Lieferungen, zweifelt aber an der Zahlungsfähigkeit Kiews. Regierungschef Arseni Jazenjuk warf Russland vor, eine Einigung mit immer neuen Forderungen zu verzögern. "Eine Vereinbarung braucht Unterschriften, derzeit gibt es nur Gespräche", sagte er im ukrainischen Fernsehen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warf den Konfliktparteien - der prowestlichen Regierung in Kiew und den prorussischen Separatisten in der Ostukraine - falsche Angaben über Gräueltaten des Gegners vor. Insbesondere russische Medien hätten "enorm übertrieben", hieß es. Die Menschenrechtsorganisation habe "keine überzeugenden Beweise für Massentötungen oder Gräber" gefunden. Hinrichtungen seien aber auf beiden Seiten nachgewiesen worden, ging aus einem Bericht hervor.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte nach einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Luxemburg, das Ringen um eine friedliche Lösung gehe weiter. "Der Durchbruch ist noch nicht erreicht."

Der Stadtrat der Separatistenhochburg Donezk berichtete von einer heftigen Explosion bei einer Chemiefabrik. In einem großen Umkreis seien Fensterscheiben zu Bruch gegangen. Zudem wurde das Fußballstadion Donbass-Arena bei einem Beschuss beschädigt. Mindestens sechs Menschen wurden zudem innerhalb von 24 Stunden verletzt. Bei einem Angriff auf einen Kontrollposten der Regierungstruppen im Gebiet Lugansk seien mindestens zwei Soldaten getötet worden, sagte Sicherheitsratssprecher Andrej Lyssenko.

Das Verteidigungsministerium in Kiew widersprach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel", wonach die über der Ostukraine abgestürzte malaysische Passagiermaschine MH17 mit einem Luftabwehrsystem "Buk" abgeschossen worden sei. Die Aufständischen hätten vom Militär kein solches Kriegsgerät erbeutet. Bei dem Unglück kamen 298 Menschen ums Leben.

Die russische Lebensmittelaufsicht stoppte indes die Einfuhr von Tierfett, Schlachtabfällen und Tiermehl aus der EU. Mehrfach wurden der Behörde zufolge Schadstoffe in importierten Waren festgestellt. Als Reaktion auf westliche Ukraine-Sanktionen hatte Russland im August bereits ein umfassendes Einfuhrverbot für Lebensmittel verhängt.