Elisabeth Skrzypek hat ein Buch über die weibliche Rolle in Fastnacht und Karneval geschrieben. Darin stellt sie unter anderem dar, dass sich das Hexenbild im Lauf der Zeit grundlegend geändert hat.

Bad Cannstatt - Männer in Frauenkleidern sind lustig. Keine Frage. Aber Frauen in Männerkleidung? Nicht wirklich. Was hinter solchen und anderen Fakten steckt, hat Elisabeth Skrzypek über Jahre recherchiert und in ihrem ausführlichen Buch „Toll trieben es die Weiberschaften . . .“ zusammengefasst – und dabei überraschende Unterschiede entdeckt.

 

Wie zum Beispiel bei der Hexe: „In der schwäbisch-alemannischen Fastnacht sind fast immer Männer die Hexen, im Rheinland sind es Frauen, die sich als Altweiber verkleiden“, sagt Elisabeth Skrzypek. Und: Das Hexenbild, das wir heute kennen – hässlich, alt und krumm – hat sich erst durch die Gebrüder Grimm geprägt. „Davor waren Hexen immer verführerisch und jung“, so Skrzypek. Die lange Nase und der Besen sieht die Historikerin als Phallussymbole: So werden die Hexen männlich, mächtig und böse.

Jahrelange Recherche

Vor sieben Jahren begann Elisabeth Skrzypek, die als selbstständige Dozentin bei den Frauenakademien und den Landfrauen in Baden-Württemberg arbeitet, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dabei faszinierte die gebürtige Düsseldorferin ein Buch über die Geschichte der Weiberfastnacht. „Ich habe schon immer gerne die Altweiberfastnacht gefeiert“, sagt die Wahl-Cannstatterin. Aus dem ersten Interesse wurde eine Idee und schließlich das Buch, das nun vorliegt. Über die Jahre nahm Skrzypek Kontakt zu verschiedenen Narrenzünften oder Karnevalsvereinen, Elferräten und Tanzgarden auf, führte Gespräche, trug zusammen und analysierte, was sie fand. „Frauengeschichte hat mich schon immer interessiert“, sagt die Historikerin. Dabei fiel ihr auf, dass Frauen in der Geschichtsforschung stiefmütterlich behandelt werden: „Da gibt es viel aufzuarbeiten.“

So wie in diesem Fall mit Fasching, Fasnet und Karneval. In ihrem Buch stellt Skrzypek fest, dass die Stellung der Frau in der Gesellschaft Auswirkungen auf die Fastnacht hat. Als etwa die traditionellen Narrenzünfte und Karnevalsvereine vor 100 oder mehr Jahren gegründet wurden, nahmen sie keine Frauen auf. Die Männer wollten gemäß dem damaligen Frauenbild lieber unter sich bleiben. Skrzypek: „Viele solcher alten Vereine berufen sich auch heute noch auf diese Tradition und wollen Frauen lieber draußen wissen.“ Inzwischen gebe es aber auch reine Frauenvereine oder auch Zünfte, die Frauen – mehr oder weniger offiziell – zulassen.

Weiberfastnacht als Frauenfest

Wie zum Beispiel in Rottweil. Dort dürften Frauen nach wie vor keine offiziellen Mitglieder der Narrenzunft sein, trotzdem dürfen sie beim Narrensprung mitspringen. Auch in der reinen Männerzunft in Elzach werden die Frauen stillschweigend akzeptiert. Sie dürfen mit dem sogenannten Schuttig herumlaufen – was eigentlich den Männern vorbehalten ist.

Und der Rollentausch? Warum ist es denn nun lustig, wenn Männer Frauenkleider anziehen, andersherum aber nicht? „Das hat mit der ursprünglichen Bedeutung der Fastnacht zu tun“, sagt Skrzypek. Denn der lustige Umtrieb vor Beginn der Fastenzeit sollte eine verkehrte Welt sein, eine Ventilsitte, um vor der entbehrungsreichen Zeit noch einmal alles rauszulassen. Und mächtige Männer in den Kleidern des „schwachen Geschlechts“ sind oder waren eben eine verkehrte Welt. Genauso die Weiberfastnacht, an der man den Frauen seit jeher einen Tag Macht gönnt. „Heute macht das eigentlich keinen Sinn mehr“, sagt Elisabeth Skrzypek dazu. Die 49-Jährige meint, das sollte sich wandeln: „Nicht mehr verkehrte Welt, sondern ein Frauenfest sollte die Weiberfastnacht sein.“