Seit dem Aus von Hugendubel an der Königstraße hat sich die Lage im Stuttgarter Buchhandel massiv verändert – sowohl Wittwer als auch Osiander verzeichnen ein deutliches Umsatzplus. Hugendubel will nun aber offenbar nach Stuttgart zurückkehren.

Stuttgart - Üblicherweise sind die Profiteure von Veränderungen im Einzelhandel dieser Tage entweder internationale Mode- und Kaffeemarken oder anonyme Onlineshops. Doch ausgerechnet in einer Branche, die unter der Expansion großer Ketten und dem Wachstum des Internethandels besonders gelitten hat, scheint der Gewinner am Ende ein Stuttgarter Traditionsbetrieb zu sein. Seit dem Aus des Münchner Buchhändlers Hugendubel an der Königstraße verzeichnet das Buchhaus Witter ein deutliches Umsatzplus. Auch Osiander – die Konkurrenz aus Tübingen – zeigt sich zufrieden. Doch nun will Hugendubel zurück nach Stuttgart.

 

Die Nachricht vom Ende der mit 4000 Quadratmetern zweitgrößten Hugendubel-Filiale in Deutschland hatte im November vergangenen Jahres große Wellen geschlagen. Im April dieses Jahres hat das Unternehmen die Räume an der Königstraße Nummer fünf endgültig aufgegeben. Nachmieter ist das polnische Modelabel Reserved. Der Schritt wurde aus München mit einem neuen Filialkonzept begründet.

Sonderkonjunktur seit April

„Bei uns herrscht seit April Sonderkonjunktur“, sagt Rainer Bartle, der Geschäftsführer von Wittwer, zufrieden, „wir haben neue Kunden im Haus und solche, die wir noch von früher kennen“. Damit meint der Wittwer-Geschäftsführer diejenigen, die zwischen 2008 und 2015 bei Hugendubel ihre Bücher gekauft hatten.

Die Konkurrenz in der direkten Nachbarschaft habe er immer sportlich gesehen, betont Bartle. „Wir haben den Wettbewerb angenommen und versucht, uns zu verbessern“, sagt er. Dann kamen nach Aussage des Geschäftsführers zwei Faktoren zusammen, die sich nun positiv auswirken. „Wir haben uns aufgrund der starken Mitbewerber neu aufgestellt“, so Bartle, „als wir auf einem guten Niveau angekommen waren, kam das Aus von Hugendubel relativ überraschend noch hinzu.“

Wird Rainer Bartle gefragt, wie hoch der Zuwachs seit der Schließung von Hugendubel ausfällt, wartet er kurz und sagt dann: „Insgesamt haben wir ein schönes zweistelliges Plus zu verzeichnen.“ Je nach dem, wo Hugendubel besonders stark war, falle der Zuwachs mehr oder weniger deutlich aus.

Osiander ist in den Centern stärker als in der City

Auch dass Osiander im vergangenen Jahr gleich zwei neue Filialen in der Innenstadt eröffnet hat, habe auf Wittwer keine Auswirkungen gehabt, behauptet Bartle. Die Tübinger haben in den beiden neuen Einkaufszentren, dem Milaneo im Europaviertel und dem Gerber am südlichen Rand der Innenstadt im vergangenen Jahr jeweils eine Filiale eröffnet. „Im Gerber ist kaum etwas los, und im Milaneo sind mehr Leute aus dem Umland als aus Stuttgart unterwegs“, urteilt Bartle knapp.

„Wir können seit dem Aus von Hugendubel ein zweistelliges Plus für unsere Filiale an der Nadlerstraße verzeichnen“, erklärt auch Christian Riethmüller, der geschäftsführende Gesellschafter der Buchhandlung Osiander. Mit der Entwicklung der Filialen in den beiden Einkaufszentren ist Riethmüller zufrieden. „Dort machen wir trotzdem mehr Umsatz als in der Innenstadt“, sagt er. Gerüchten, dass Osiander im Milaneo unzufrieden sei, tritt der Gesellschafter entschieden entgegen: „Es läuft im Milaneo besser als im Gerber“, sagt er. Beide Filialen in den Einkaufszentren seien exakt gleich groß, so Riethmüller. „Das Milaneo ist schlicht größer und zudem besser besucht“, fügt er hinzu.

Kleine Buchhandlungen bemängeln fehlende Vielfalt

Auf die Buchhandlungen außerhalb der Innenstadt hat das Hin und Her in der Innenstadt weniger Auswirkungen. „Wir haben weder das Aus von Hugendubel noch die neuen Filialen von Osiander direkt gespürt“, erklärt Ursula Kloke, die Inhaberin des Botnanger Buchladens. Mit Blick auf die Entwicklung im Stuttgarter Buchhandel sieht Kloke allerdings ein anderes Problem. „Die Vielfalt in der Stadt ist äußerst gering“, sagt sie.

Gemeinsam mit Buch im Süden ist das Geschäft von Ursula Kloke der einzige Laden der Landeshauptstadt, der für den Deutschen Buchhandlungspreis – eine Auszeichnung für inhabergeführte Buchläden – nominiert ist. „Aus Berlin sind beispielsweise mehr Geschäfte nominiert als aus ganz Baden-Württemberg zusammen“, moniert Kloke. In vielen Städte gebe es so etwas wie eine Kiezkultur in den Außenbezirken, sagt sie. „In Stuttgart konzentrier sich hingegen alles auf die Innenstadt.“

Vor dem Auszug aus der Königstraße hatte Hugendubel betont, man wolle auf die Suche nach einem neuen Standort in Toplage gehen. „Wir werden nach Stuttgart zurückkehren“, erklärt nun die Pressestelle des Unternehmens. Über Details könne man jedoch noch nicht sprechen. Experten meinen aber, dass die Mieten, die in Toplagen verlangt werden, im Buchhandel kaum zu erwirtschaften seien.