Rezeptwälzer und Kulinarisches verkauft sich gut auf dem deutschsprachigen Markt. Gefragt sind besonders Werke von bekannten Sterneköchen.

Frankfurt - Eigentlich gibt es schon alles. Ein Buch über Fleur de sel („Weißes Gold aus dem Meer“) ebenso wie über Fett („Loblied auf eine verrufene Ingredienz“), Rezeptwälzer für Wintergriller und solche eigens für Männer („Well done“ – natürlich geht es vor allem um Fleisch). Dennoch: „es findet sich immer wieder etwas Neues“, versichert Joachim Graff, Chef des Weil der Städter Verlags Hädecke und holt zum Beweis einen der neuesten Titel aus dem Regal: „Genusspäckchen“ – ein Buch über das Garen in Papier.

 

Der deutschsprachige Kochbuchmarkt boomt – obwohl der Gesamtbuchmarkt derzeit eher schwächelt. Vor allem teure Werke mit Preisen oberhalb der 20-Euro-Grenze und so genannte Impulsware, Titel, die für weniger als fünf Euro über den Tresen gehen, haben Konjunktur. Die teuren Titel machten im ersten Halbjahr zwar nur 14 Prozent des Absatzes aus, aber 29 Prozent des Umsatzes – und sind damit der wichtigste Erlösträger in diesem Segment.

Entsprechend sichtbar sind Kochbücher auf der Frankfurter Buchmesse. Allenthalben duftet es nach Gebratenem in Halle 3 und werden Häppchen mit innovativen Brotaufstrichen gereicht. Im Bereich „Gourmet Gallery“ des luftigen Messebaus lockt eine von einem Premiumküchenhersteller gesponserte Schauküche Messemüde und Hungrige zu Vorführungen. „Kochbücher sind ein Segment, das gut abzubilden und erlebbar zu machen ist“, sagt die Organisatorin des Sonderausstellungsbereichs, Barbara Roelle.

Unter anderem das erklärt wohl einen Teil des Erfolgs: Kochbücher behandeln ein Lifestyle-Thema, das sich auch in der Präsentation gut umsetzen lässt. Fast jede größere Buchhandlung hat heute nicht einfach nur ein Regal mit Kochbüchern, sondern auch einen Tisch, auf dem die entsprechenden Zutaten und Gerätschafen gleich mitdekoriert und teilweise auch käuflich zu erwerben sind. Solche Artikel, die nicht der Buchpreisbindung unterliegen, sind für den Handel sehr attraktiv, denn oft bedeuten sie zusätzliches Geschäft zum Buch und das auch noch mit einer besseren Rendite als die gedruckte Ware. Manche, wie etwa der Friedrichshafener Verleger und Buchhändler Andreas Gessler setzen sogar in erster Linie auf Kulinarisches: Seit Ende August ist sein Laden eine Kombination aus Café und Buchhandlung. Im Angebot sind im Kochbuchbereich anspruchsvolle Rezeptewerke und Titel zu einzelnen Lebensmitteln, dazu gibt es allerlei Delikatessen vor allem aus der Bodenseegegend regelmäßig stattfindende Abendveranstaltungen zu kulinarischen Themen. „Damit sind wir außergewöhnlich“, glaubt Gessler und berichtet von „exzellente Erfahrungen mit dem neuen Konzept.“

Gesslers Lieblingskochbuch, der „Kiehnle“, das Standardwerk, das in vielen schwäbischen Haushalten steht, erscheint seit den zwanziger 1921 bei Hädecke in Weil der Stadt. Rund 100 Titel kann der Sieben-Mann-Verlag liefern, schätzt Graff – damit ist er einer der eher kleinen auf dem Markt und sieht seine Rolle entsprechend auch vor allem in der Nische. In den Jahrzehnten, die Graff verlegerisch tätig ist, hat er so manchem Wettbewerber angesichts eines immer breiter werdenden Angebots und seiner Chancen beim Einstieg und angesichts der zunehmenden Konkurrenz des modernen Antiquariats aus dem Internet (siehe Kasten) auch beim Ausstieg zugeschaut. Verlage wie Droemer-Knaur, Mosaik oder Falken haben sich aus dem Kochbuchmarkt komplett zurückgezogen. „Das kann ich verstehen, die haben auch ganz andere Umsatzvorstellungen als wir“, sagt Graff dazu.

Übrig geblieben und mit einem Marktanteil von fast einem Viertel unangefochten an der Marktspitze ist von den Großen der Münchner Verlag Graefe und Unzer (GU). „Es boomt“, freut sich dort Programmchefin Dorothee Seeliger, „wir können überhaupt keine Sättigung des Marktes erkennen.“ Jedenfalls – und da ist sie sich mit ihrem Konkurrenten vom ebenfalls Münchner Verlag Zabert Sandmann, Friedrich-Karl Sandmann, einig – bei qualitativ hochwertigen, aufwendigen Büchern.

Inhaltliche Qualität garantieren für die Kunden offenbar unter anderem Fernsehköche, von denen etliche auch Bücher schreiben. Johann Lafer und Alfons Schuhbeck sind die Großverdiener unter ihnen, Schuhbecks Gewürze-Buch bei Zabert-Sandmann ging seit 2009 eine halbe Million Mal über den Tresen, Lafers neues Buch „Backen“ hat sich trotz des hohen Preises von 39,90 Euro in nur zehn Tagen schon 1000 Mal verkauft. Für Lafer sind Bücher – 40 hat er schon geschrieben – Teil seiner „medialen Präsenz“ und ohne die, bekennt er freimütig, wäre er längst pleite. Sein Sternelokal „Le Val d’Or“ bei Bingen jedenfalls produziere jährlich Verluste.

Für die weniger bekannten TV-Köche wie etwa den „Kochwilden“ Stefan Marquard, bekannt aus der Serie „Die Kochprofis“, sind Kochbücher eher Nebenverdienst. „Leben kann ich davon nicht: Wenn man wirklich gut verhandelt, verdient man 1,50 Euro an einem Buch, da muss man viele verkaufen, um damit Geld zu machen.“ Vielleicht ist das einer der Gründe, warum Johann Lafer seit neuestem seine Bücher selbst produziert. GU fungiert lediglich als Vertriebspartner.