„Wenn die Milbe auf den Käse kotzt“ ist der Titel des etwas anderen Museumsführers von Chris Ignatzi und Ben Schieler durch die 33 verblüffendsten Ausstellungen in Deutschland.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Appetitanregend ist der Titel des Museumsführers durch die skurrilsten Ausstellungen nicht: „Wenn die Milbe auf den Käse kotzt.“ „Milbe“ – iiih, „kotzt“ – igittigitt! Aber der Band von Chris Ignatzi und Ben Schieler mit Illustrationen von Jasmin Gronbach ist alles in allem etwas anders. Keine kulturgeschichtlich beflissenen Erklärungen, sondern liebevolle Porträts derjenigen, die die Museen gegründet haben und mit Herzblut am Leben erhalten. Es sind 33 Mini-und Kleinstmuseen zwischen Nordseestrand und Alpenrand, 33 Kleinode, die den abseitigsten Ausstellungsgegenständen gewidmet sind: Mausefallen, Bratwürsten, Mehlwelten, Harlekinen, dem Schnupftabak, den Lügen, dem Müll, der Milch den Gießkannen, dem Fingerhut oder den Schuhen, um nur einige zu nennen.

 

Ein Duo mit kabarettistischen Fähigkeiten

14 000 Kilometer kreuz und quer durchs Land sind die beiden auf ihrer Entdeckungsreise der „verblüffendsten Museen Deutschlands“ gekurvt. Die Anzahl ist willkürlich gewählt: „Die Zahl 33 hat uns beiden so gut gefallen“, sagt Schieler. Am Samstag haben die Autoren ihr Buch vorgestellt. Wo? Natürlich in einem der besonderen Museen, im Schweinemuseum. Zwischen Glasvitrinen, gefüllt mit Keramik- , Glas- und Plastiksauen sorgten Schieler und Ignatzi trotz technischer Pannen bei der Präsentation ihrer Fotos aus den 33 Museen für einen geradezu kabarettistischen Abend. Wer so ein Buch verfasst, macht eben auch keine traditionelle Lesung für ein Hornbrillenpublikum. 20 Interessierte mussten sogar an der Tür wieder abgewiesen werden, und diejenigen, die es bis in den ersten Stock des Schweinemuseums geschafft hatten, saßen dicht gedrängt, etliche sogar auf dem Flur.

Das Publikum – darunter sogar Gäste aus Irland – blieb amüsiert, gab Tipps wie dem störrischen Laptop die Fotos doch zu entlocken sein könnten, und ein Zuhörer bot willig eigene Einlagen zur Überbrückung der unfreiwilligen Pausen an. Aber Schieler und Ignatzi machten die Pannen mit komödiantischem Talent zum Running Gag ihrer Präsentation.

Schuld an allem ist das Schuhmuseum

Das Schuhmuseum im pfälzischen Ort Hauenstein hatte die beiden auf die Idee für das Buch gebracht. „Chris fuhr auf dem Weg nach Saarbrücken immer wieder an dem Hinweisschild vorbei“, erzählte Schieler. Zehn Jahre hatte der Museumsdirektor Willi Schächter dafür gekämpft, das Schild an der Bundesstraße aufstellen zu dürfen, um die Leute zu „Bobbeles“ Tennisschuhen, zu Fritz Walters eleganten Lederschuhen oder zu den Riesenlatschen der amerikanischen Basketball-Legende Shaquille O’Neal in Größe 60 zu lotsen. Auch ein paar Treter von Winfried Kretschmann sind dort zu sehen und zeigen die Sparsamkeit des Ministerpräsidenten, denn er hat sie getragen, bis sie ein Loch in der Sohle hatten. Das Schild an der Straße hat sich auf alle Fälle gelohnt – immerhin hat es ein ganzes Buch und eine groß angelegte Recherche ausgelöst.

Die Texaner stehen auf das Bratwurstmuseum

Weitaus vertrackter war die Suche nach dem Bratwurstmuseum in Holzhausen, denn das Navi wusste nicht welches unter den 72 Holzhausen in Deutschland die Autoren ansteuern wollten und wählte prompt ein falsches. Schließlich fanden sie den Weg doch und wühlten sich durch die größte und weltweit einzige begehbare Bratwurst. „In der gibt es eine Bratwursttelefonzelle, von der aus man Würste in ganz Deutschland anrufen kann“, berichtet Ignatzi. Weißwurst, Thüringer, Frankfurter – sie alle geben etwas zum Besten, und das schätzen auch massenhaft die Touristen aus den USA, vor allem aus Texas.

Jedes Museum hat einen Steckbrief

Den Paten für den plakativ derben Titel des Buches gab das Milbenkäsemuseum in Würchwitz in Sachsen-Anhalt. Hier hatte es Chris Ignatzi vor allem der Museumsdirektor Helmut Pöschel angetan: „Er empfing mich mit einer Kuttelsuppe, dann gab es Milbenkäse und zum Schluss Tee mit jeder Menge kubanischem Rum“, erinnert er sich. Das Milbenkäsemuseum ist unter dem Kapitel zwei – „Gourmets und Genießer“ – unter den insgesamt fünf Kapitel-Unterteilungen zu finden. Zu jedem Museum haben die Autoren einen Steckbrief verfasst, geben Informationen über die Umgebung und weiter gehende Sachinformationen über die jeweiligen Ausstellungsgegenstände. Das Publikum am Samstag war von der Präsentation so begeistert, dass es massenhaft zugriff. „Wenn die Milbe auf den Käse kotzt“ von Chris Ignatzi und Ben Schieler war zum Schluss ausverkauft. Der etwas andere Museumsführer ist aber im Buchhandel und über die Plattform der Autoren mit dem Titel www.wortwunder.com für 12,99 Euro erhältlich.