40 Jahre lang war Hans-Peter Schühlen als Kriminalhauptkommissar in Stuttgart tätig. Jetzt hat sein Buch „Stuttgarter Tatorte“ vorgestellt und schildert darin Fälle, mit denen er konfrontiert war. Das Spektrum reicht zurück bis in die Zeiten der RAF.

Stuttgart. - Es gibt viele Verschwörungstheorien. Darunter auch jene, nach der Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe, Mitglieder der Terrororganisation Rote-Armee-Fraktion (RAF), im Gefängnis von Stuttgart-Stammheim ermordet wurden, nachdem die entführte Lufthansa-Maschine in Mogadischu von der Antiterroreinheit GSG 9 befreit worden war. Hans-Peter Schühlen sieht das anders, für den einstigen Kriminalhauptkommissar waren es eindeutig Suizide.

 

Als junger Beamter bei der Mordkommission war er einer der Ersten, der am 18. Oktober 1977 die Zellen von Baader, Ensslin und Raspe betrat. Was er darin fand, beschreibt er in seinem Buch „Stuttgarter Tatorte. Meine spektakulärsten Fälle“, das nun im Silberburg-Verlag erschien.

Als erster in den Zellen der RAF-Mitglieder

Er erinnere sich daran, wie an diesem Morgen beim angeblich sichersten Gefängnis Deutschlands „ohne Kontrolle die Schranke hoch gegangen“ sei, so Schühlen bei der Buchvorstellung im Polizeimuseum. „Wie von Geisterhand!“

Dieser und viele andere Fälle seien in seiner Festplatte im Kopf gespeichert. „Die begleiten einen“, so der 65-Jährige. Er habe das Buch denn auch nicht nur geschrieben, weil er und die Kollegen beim gemeinsamen Aufarbeiten der Fälle darüber gesprochen hätten, all die Erlebnisse mal zu dokumentieren. „Es ist sicher auch eine Art des Verarbeitens, was man so in 40 Jahren bei der Kripo Stuttgart erlebt.“

Brandstiftungen sind besonders knifflige Fälle

Circa 200 Fälle hatte er auf dem Tisch, in mancher Nacht wurde er zu vier Toten geschickt und arbeitete durch. Und in all den Jahren musste er dennoch kein einziges Mal seine Dienstwaffe zücken. „Im Krimi wird das oft ganz falsch dargestellt, wird viel zu viel geschossen.“

Gegen Ende seiner Dienstzeit, in der er für die Aufklärung von Morden, aber auch von kniffligen Brandstiftungen zuständig war, machte er sich einen Namen als „Katakombenkommissar“. Er grub tief in Asservatenkammern und vergilbten Akten, um sich „cold cases“, also den Altfällen, anzunehmen. Von 64, die er in einem Jahr zusammentrug, konnte er neun zu Ende bringen. Denn: „Mord verjährt nicht!“. Wie er mit verbesserter DNA-Analyse und neuen Techniken einen Mord von 1989 aufklärte, schildert er in seinem Buch ebenso wie andere außergewöhnliche Fälle. So musste er einst nachweisen, ob ein Täter bereits 21 Jahre alt war, als dieser in seiner Geburtstagsnacht jemanden tötete. Besonders nahegegangen seien ihm aber stets Vorfälle, bei denen Kinder starben, zum Beispiel bei Bränden. „Das geht allen Kollegen so, vor allem wenn sie eigene Kinder haben.“

Hans-Peter Schühlen: Stuttgarter Tatorte. Meine spektakulärsten Fälle. Silberburg-Verlag, 192 Seiten,19,90 Euro.