Der ungarische Premier Orban will an die ethnischen Ungarn in der Ukraine Pässe verteilen lassen und verlangt für sie mehr Autonomie. In Zeiten der Krise in der Ukraine ist das eine Forderung mit Explosionskraft.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Budapest - Diese Nachricht ist für die russischen Agenturen ein gefundenes Fressen. Das ukrainische Außenministerium sei über Forderungen des ungarischen Premiers Viktor Orbán nach Autonomie und doppelter Staatsbürgerschaft für ethnische Ungarn in der Ukraine besorgt, läuft über den Ticker von „Ria Novosti“. Die Botschaft zwischen den Zeilen: die Europäische Union unterstützt eigene Separatisten im Westen der Ukraine, während sie die prorussischen Aktivisten im Osten verdammt. In der Region Transkarpatien leben etwa 200 000 ethnische Ungarn.

 

Der Sprecher des Außenministeriums in Kiew kritisierte die Autonomieforderungen als „beunruhigend“. Angesichts der schwierigen Lage mit prorussischen Separatisten in der Ostukraine würden solche Äußerungen von Regierungschef Viktor Orbán nicht zur „Deeskalation und Stabilisierung“ beitragen, sagte Jewgeni Perebijnis. Der ungarische Botschafter sei zu einem Gespräch ins Ministerium gebeten worden. Wörtlich erklärte Orbán im Parlament: „Die Ungarn in der Ukraine müssen die ungarische Staatsbürgerschaft erhalten, sie müssen alle gemeinschaftlichen Rechte erhalten, und sie müssen auch die Möglichkeit der Selbstverwaltung erhalten.“ Für die Führung in Kiew, die gerade gegen die prorussischen Separatisten in der Ostukraine mit Gewalt vorgeht, müssen diese Sätze wie die Vorbereitung zu einer Abspaltung der Region im Westen des Landes klingen.

Ungarische Pässe für Rumänen und Serben

Orbán hat bereits in anderen Nachbarstaaten wie Rumänien, Serbien oder der Slowakei Pässe verteilt. Fast schon als Provokation könnte in diesem Zusammenhang gesehen werden, dass auf der Liste seiner rechtspopulistischen Partei Fidesz Angehörige der ungarischen Minderheiten in Rumänien kandidieren.

Auch in Energieangelegenheiten ist Orbán die Meinung der EU herzlich egal. Trotz der Krise in der Ukraine setzt er auf noch mehr Gasimporte aus Russland. Im Gespräch mit dem Gazprom-Vorstandschef Alexej Miller habe der Premier in Budapest „auf den beschleunigten Ausbau der South-Stream-Leitung gedrungen“, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur MTI. Die Pipeline, die russisches Erdgas für Mitteleuropa transportieren wird, soll durch das Schwarze Meer verlegt werden und damit die Ukraine umgehen. Ungarn deckt 87 Prozent seines Gasbedarfs aus russischen Importen.