Krankengymnasten müssen oft noch ihre Ausbildung selber bezahlen und verdienen wenig. Doch nun haben sie in der Kanzlerin eine mächtige Fürsprecherin.

Berlin - Sie mag nicht jedes Detail kennen. Aber was die berufliche Lage der Physiotherapeuten anbelangt, weiß Angela Merkel ganz gut Bescheid. Als Ende Oktober eine junge Physiotherapeutin der Kanzlerin beim Bürgerdialog in Nürnberg von schlechter Bezahlung und hohem Arbeitsdruck erzählte, ging Merkel sofort auf die Frau ein und sagte: „Bei den Heilberufen habe ich immer den Eindruck, dass die doch relativ runterfallen.“

 

Das ist tatsächlich so. Weil es wenige staatliche Schulen gibt, müssen viele Physiotherapeuten die Ausbildungskosten von etwa 15 000 Euro selbst bezahlen. Im Beruf angekommen, sind Durchschnittsverdienste von 1600 bis 2000 Euro im Monat die Regel. Und davon sind dann die Kosten der Weiterbildung zu bezahlen – ein Zustand, der auch Merkel missfällt. „Viele“, sagte sie in Nürnberg „tun ja unheimlich viel in der Weiterbildung. Das wird überhaupt nicht honoriert.“ Die niedrigen Gehälter der Heilberufe haben damit zu tun, dass die Vergütung von Physiotherapeuten, Logopäden und Podologen budgetiert ist.

Reallohn der Heilmittelerbringer ist gesunken

Wenn die Berufsverbände und die Krankenkassen auf Landesebene über die Honorare verhandeln, sitzt unsichtbar die Politik mit am Tisch. Denn im Gesetzbuch steht, dass sich das Honorarplus an der Entwicklung der Löhne orientieren muss. Der CDU-Abgeordnete Roy Kühne weist darauf hin, dass der Reallohn der Heilmittelerbringer von 2003 bis 2011 um knapp fünf Prozent gesunken ist. Das Budget trifft einen Sektor, der kein gewaltiger Kostenblock der Krankenversicherung ist. Im Gegenteil: Auf den Heilmittelbereich entfallen etwa 2,5 Prozent der Gesamtausgaben der Krankenkassen.

Personalintensiv ist dieser Sektor aber sehr wohl. Dort sind 300 000 Beschäftigte tätig, 80 Prozent von ihnen sind Frauen. Wenn Merkel dieser Berufsgruppe helfen will – und nur so kann man ihre Aussagen in Nürnberg verstehen – hat sie durchaus Verbündete. Die Gesundheitspolitiker der CDU/CSU-Fraktion machen sich schon länger dafür stark, die Budgetierung im Heilmittelsektor aufzuheben. Diesen Vorstoß lehnt aber das von Hermann Gröhe (CDU) geführte Gesundheitsministerium bisher ab. Sie wolle, so sagte Merkel in Nürnberg, mit Gröhe besprechen, wie man die Lobby der Physiotherapeuten stärken könne. Vielleicht bringt sie ihren Minister bei der Gelegenheit ja dazu, dem Ende der Budgetierung zuzustimmen.