Großer Andrang beim Verschenktag in Alt-Hoheneck: Heiner Beuttler hat mit seinem Antiquariat ein kleines Jubiläum gefeiert und sich mit Büchern bei treuen Kunden bedankt.

Ludwigsburg - Der Samstag war in Alt-Hoheneck der Tag der großen Einkaufstaschen. Ob zu Fuß, mit dem Rad oder dem Auto, die Schar der Besucher, die in das Ludwigsburger Stadtviertel strömten, hatte sich für den Abtransport von großen und schweren Gegenständen gewappnet. Es ging um das eben veraltete Kulturgut Buch – und zwar in seiner antiquarischen Form. Heiner Beuttler hatte zu einem Verschenktag geladen, und der Andrang war deutlich größer als erwartet. Bis zum Mittag hatten die Schnäppchenjäger schon mehr als 1500 Bücher abgeschleppt.

 

„Wir wollten etwas Besonderes machen“, sagt Beuttler. Denn immerhin gebe es sein Antiquariat jetzt schon seit 30 Jahren. „Zunächst hatten wir an eine Dichterlesung gedacht, aber in Marbach machen sie wöchentlich Lesungen, und wenn 30 Leute kommen, sind das viele.“ Aus dem gleichen Grund habe er auch die Idee eines Jazzkonzerts wieder verworfen: „Meist hat die Band ja mehr Mitglieder, als Zuhörer im Saal sind.“ Daraufhin habe er sich auf sein Geschäft besonnen: „Was wollen die Leute, die ein Antiquariat kommen? Sie wollen lesen“, sagt Beuttler. „Also haben wir unser Lager zugänglich gemacht.“

Es gibt keine Sammler mehr

Das Lager befindet sich in der Alten Kelter von Hoheneck. Und es schient unerschöpflich. Etwa 20 000 Bände stapeln sich in Regalen und Kisten. An Nachschub mangele es nicht, denn wer umziehe oder eine Nachlass verwalte, lade oft die Bücher, für die es keinen Platz mehr gebe, vor seinem Haus ab, sagt der 70-jährige Antiquar. „Das ist Fluch und Segen in einem.“ Jedes Buch müsse genau geprüft und einsortiert werden. „Da sind oft auch kaputte Bücher dabei, oder Pornos und Nazisachen.“

Der Internethandel habe auch das Geschäft mit antiquarischen Büchern stark verändert. Außerdem sei die Gruppe der klassischen Sammler ausgestorben. „Früher war so ein Antiquariat eine Domäne für ältere Männer“, sagt Beuttler. Diese seien gekommen und hätten nach raren Stücken für ihr jeweiliges Spezialgebiet gesucht. „Und wenn die Frauen mitgekommen sind, haben sie sich höchstens für Koch- oder Kinderbücher interessiert.“

Mittlerweile lebe er vor allem vom Lesehunger junger Frauen, sagt Beuttler, der nach einem Deutsch- und Geschichte-Studium an der Pädagogischen Hochschule (PH) ins Büchergeschäft eingestiegen ist. Die jungen Frauen suchten unterhaltsame Bücher, die im Schnitt nicht mehr als drei bis fünf Euro kosten dürften. „Die Menge macht’s“, sagt der Antiquar. Außerdem gebe es ja noch den Internethandel. Das Geschäft ernähre einen Vollzeit- und zwei Teilzeitmitarbeiter. „Na ja, und ich bin ja im Pensionsalter, das macht es leichter.“

Antiquar und Schafzüchter

Auch wenn sich bei Beuttler seit bald 40 Jahren fast alles um Bücher dreht, heute greift er selbst nur noch nach Krimis („zur Entspannung“) oder Fachbüchern. „Ich lese am liebsten Sachen über Landwirtschaft und Schafzucht.“ Dazu muss man wissen, dass der Antiquar, der auch eine Zeit lang eine Kleinkunstbühne im Alten Schulhaus von Hoheneck betrieben hat, seit 14 Jahren Schafe züchtet. „Augenblicklich interessiere ich mich für ökologische Zäune“, erzählt er. Diese hielten seine 26 Schafe und zwei Lämmer auf der Weide und böten Raum für Vögel und Kleinstlebewesen. Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Alexandru Pitu baue er gerade an solchen Zäune.

Als am Samstag die Leseratten das Alt-Hohenecker Antiquariat stürmten, zeigte sich Beuttlers Schafherde wenig beeindruckt: Die Tiere grasten oder dösten vielmehr ob der Hitze auf einem schmalen Grünstreifen am Neckarufer.