Die Bücherecke in der Pauluskirche wird von Ehrenamtlichen organisiert. Nach der Schließung der Buchhandlung und dem Wasserschaden in der Bücherei ist die Kirche die Adresse für Lesebegeisterte.

Zuffenhausen - Die örtliche Buchhandlung hat schon lange geschlossen, die Stadtteilbücherei derzeit einen Wasserschaden zu beklagen: Gut, dass die Zuffenhäuser trotzdem an Lesestoff kommen: Sie gehen zum Lesen einfach die Pauluskirche. Dort gibt es seit Oktober 2013 die Bücherecke, die sich bereits zur Institution gemausert hat und inzwischen sogar ein eigenes Kulturprogramm anbietet. Ruth Schwarz, Buchhändlerin im Ruhestand und Leserin aus Leidenschaft ist eine aus dem Team von 15 ehrenamtlichen Helfern. Gemeinsam mit ihren Mitstreitern sorgt sie dafür, dass „verwaiste“ Bücher ihren Weg in die Bücherecke im Eingangsbereich der Pauluskirche finden und die Regale immer gut bestückt sind. Und sie gibt „schwer vermittelbaren Kandidaten“ noch eine Chance, bietet sie in einem Extra-Korb zur Mitnahme an, „quasi als letzte Instanz“, wie sie sagt. Bücher wegzuwerfen, das falle ihr schwer.

 

Der Weg zu neuem Lesestoff führt in die Pauluskirche

Ein Leben ohne Bücher ist für die Zuffenhäuserin nicht vorstellbar. Als die örtliche Buchhandlung schloss, „war das für uns alle ein Schock“, erinnert sie sich. Dann aber hatte Pfarrer Dieter Kümmel die zündende Idee – eine Bücherecke in der Kirche musste her. Die funktioniert denkbar einfach: Wer sich in ein Buch verguckt, hinterlässt entweder ein anderes, gleichwertiges Buch an seiner Stelle, oder steckt eine Geldspende für die Kirchengemeinde in den Opferstock. Der Lese-Nachschub ist so fast immer erreichbar, denn die Pauluskirche ist, außer dienstags, täglich geöffnet.

Die Bücher, die ihren Weg in die Kirche finden, stammen aus Haushaltsauflösungen oder wurden gespendet, weil ihre einstigen Besitzer Raum für neuen Lesestoff schaffen wollten. Das Buchlager ist gut gefüllt. So gut, dass man nicht mehr jedes Buch annehmen könne, bedauert Ruth Schwarz. Deshalb müsse das Team eine Auswahl treffen: „Besonders Lehr- und Sachbücher sind in unserer schnelllebigen Zeit leider rasch überholt.“

Lesewundertüten zur Genesung und Büchertee

Es sei auch schon vorgekommen, dass das Team gebeten wurde, ein paar Bücher für einen Krankenhausaufenthalt zusammenzustellen – quasi eine Lesewundertüte zur Genesung. Eine Bitte, der man natürlich gerne nachkam.

Krimis und die typischen Frauenbücher gehen am besten, verrät die passionierte Bücherfreundin. Bildbände hingegen bleiben zu ihrer Verwunderung oft übrig: „Ich habe gehört, die seien den Leuten zu schwer zu tragen“, sagt Schwarz mit einem ratlosen Schulterzucken. Und dann gibt es noch die Bücher, bei denen es ihr in der Seele weh tut, wenn sie im Regal der Bücherecke auftauchen. Weil sie so toll seien, dass man sie doch eigentlich nie wieder hergeben sollte: „Deutschstunde“ von Siegfried Lenz etwa; als der Autor unlängst verstarb, richtete sie ihm sogar einen Büchertisch ein. „Oder schauen Sie: ,Kassandra‘ von Christa Wolf“ zieht sie den aus einem Nachlass stammenden Neueingang aus einem der Stapel.

Mittlerweile ist für die passionierte Leserin ein weiterer Traum wahr geworden: Jeden Freitag lädt die Bücherecke von 16 bis 18 Uhr zum Teetrinken und Schmökern oder zum Austausch über die Bücher ein. Und es gibt überdies ein eigenes Kulturprogramm: Einen finnischen Abend auf der Empore zum Beispiel, und auch Krimi-Autor Wolfgang Schorlau war bereits zu Gast. Dessen Lesung erfreute sich so großer Beliebtheit, dass für diesen Herbst ein weiterer Besuch angedacht ist. Erzählt Ruth Schwarz und ist auch schon wieder an den Regalen, Bücher sortieren.

Weitere Informationen:

Im Rahmen des Kulturprogramms kommt am Freitag, 17. April, der Lyriker Wolfgang Haenle um 20 Uhr für eine Lesung aus „b.antwortet“ in die Pauluskirche, Unterländer Straße 15. Eine Woche später, am 24. April, liest die Journalistin Adrienne Braun um 20 Uhr aus ihrem Stuttgart-Buch „Mittendrin und außen vor“.