Die öffentliche Suche nach der künftigen Nutzung der historischen Villa Berg hat begonnen. An der Auftaktveranstaltung haben rund 120 Besucher teilgenommen. Bis Dezember sollen sie fündig werden.

Stuttgart - Der Markt der Ideen, was die künftige Nutzung der Villa Berg angeht, ist eröffnet. Am Mittwochabend hat OB Fritz Kuhn (Grüne) in der Cotta-Schule die „informelle Bürgerbeteiligung“ gestartet, der aber Vorarbeiten in Projektgruppen vorausgingen – und Vorüberlegungen von Bürgerinitiativen über 13 Jahre. Gleich beim Auftakt kündigte sich an, dass das Schicksal des Sendesaals in dem zuletzt vom Rundfunk genutzten „Königsschloss“ für Zielkonflikte sorgen dürfte.

 

Claus Wolf, Chef des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, sprach von einem einmaligen Schatz, dessen Bespielung Stuttgart bereichern könnte. Die Bedeutung des Sendesaals, der die Handschrift des renommierten Architekten Egon Eiermann trägt, werde in Stuttgart leider nicht verstanden. Wolf brachte ihn als Proben- und Veranstaltungsraum für Musiker unterschiedlichster Musikrichtungen ins Gespräch, wegen der „tollen Akustik“ und der Abschottung gegen Lärm von außen. Für neue Funktionen der Villa empfahl Wolf „behutsam an die Villa angefügte Räume“.

OB und Denkmalschutz wollen keine Restaurierung

Kuhn hatte zuvor gesagt, er halte eher eine Vielfalt von Nutzungsmöglichkeiten für erstrebenswert und eine Öffnung des Gebäudeinneren zum Park hin. Aus dem Publikum kam später die sehr bestimmte Forderung, die beste Lösung für die Villa zu suchen. Die sei hier einzigartig und nicht verpflanzbar – „der Sendesaal schon“.

Obwohl die Bürger kein Denkverbot haben sollen, schloss der OB für sich persönlich eine Restaurierung der Villa hin zu dem Zustand, wie sie zu Zeiten des Kronprinzen und späteren Königs Karl war, aus. „Wir brauchen eine breitere Zugänglichkeit“, empfahl er. Man möge die Villa bitte als Perle für ganz Stuttgart sehen und sie „mit dem Park zusammen denken“. Auch Denkmalschützer Wolf nannte die Rekonstruktion der Villa im Sinne des Urzustands „nicht denkbar“. Dieses bedeutende Stuttgarter Baudenkmal des 19. Jahrhunderts sei wie jedes Denkmal untrennbar mit seiner wechselhaften Geschichte verbunden. Wolf sieht seine Behörde bei der jetzt beginnenden Phase vor einer großen Herausforderung. An keinem Ort habe man „so zu kämpfen wie in Stuttgart“.

Schadstoffe wie Asbest müssen beseitigt werden

Matthias Rieker von der Gutachterfirma Arcadis stimmte darauf ein, dass viel zu tun sein wird, obwohl das Gebäude trotz langem Leerstand noch in vergleichsweise sehr gutem Zustand sei. Schäden am Dach und eindringendes Wasser nannte er, veraltete Elektroanlagen und Sanitärleitungen, gravierende Mängel beim Brandschutz. Eine neue Lüftungsanlage und eine neue Warmwasserbereitung seien auch notwendig. Fenster und Türen müssten abgedichtet werden. Über dem Saal müsse wohl eine neue Zwischendecke eingezogen und eine Rauchableitung installiert werden. Schadstoffe wie Asbest sowie Schimmel müssten beseitigt werden, ehe der Saal zu nutzen sei. Ein Gastronomiekonzept sei nur umsetzbar, wenn Toiletten und Gastroräume in einem separaten Bau „vorgelagert“ würden.

Die Teilnehmer machten sich anschließend gleich an die Arbeit. Es folgen drei weitere Veranstaltungen. Kuhn hofft, dass der Gemeinderat im Dezember die von den Bürgern gewünschte Richtung erfährt.