Nach der Volksabstimmung geht alles ganz schnell. Die Stadt Stuttgart will ein Dialogforum zu Stuttgart 21 einrichten - und Bürger auch übers Internet beteiligen.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Noch am Wahlabend hatte OB Wolfgang Schuster angekündigt, die Bürger stärker als bisher einzubeziehen – jetzt, da klar sei, dass Stuttgart 21 gebaut werde und da während der Bauphase sicher viele Probleme auftauchen, die einer Lösung bedürfen. Am Montag haben sich diese Überlegungen konkretisiert. Der Stadt Stuttgart schwebt vor, ein Dialogforum zu gründen, in dem Bürger ihre Befürchtungen äußern und in dem sie an Verbesserungen mitwirken können. Die Leitung übernimmt der Sozialwissenschaftler Ortwin Renn, der schon viele Bürgerbeteiligungen zu großen Projekten moderiert hat.

 

Nichts zu tun hat dieses Dialogforum mit jener Gesprächsrunde gleichen Namens, die noch der alte Ministerpräsident Stefan Mappus vor der Landtagswahl zum selben Zweck gegründet hatte und die aber nie über die Konstitution hinausgekommen war. Zur besseren Abgrenzung brachte Markus Vogt, der Sprecher des Stuttgarter Oberbürgermeisters, am Montag deshalb den unverdächtigeren Begriff Bürgerforum ins Spiel. Noch in dieser Woche will die Stadt mit den Fraktionen im Gemeinderat sprechen und deren Vorstellungen hören; noch im Dezember soll es zur ersten Sitzung kommen.

Sitzungen sollen ins Internet übertragen werden

Denn die Zeit drängt. Die Deutsche Bahn hat angekündigt, im Februar mit dem Fällen und Versetzen der alten Bäume im Schlossgarten zu beginnen – das Bürgerforum soll aber noch Zeit haben, sich vorher damit auseinandersetzen. Wer in diesem Forum sitzen wird, das ist noch ungeklärt – Markus Vogt hält es für möglich, dass sich Vertreter der Gruppierungen für und gegen das Projekt darin engagieren; aber auch „normale“ Bürger könnten womöglich dort vertreten sein. Auf jeden Fall sollen die Sitzungen ins Internet übertragen werden, und jeder soll die Möglichkeit haben, online Fragen zu stellen.

Die Deutsche Bahn gehört dagegen nicht zu den Initiatoren dieses Dialogforums, was aus Sicht der Stadt Stuttgart Absicht sein könnte. Jedenfalls betonte Markus Vogt, dass im Forum die Belange der Stuttgarter Bürger im Fokus stehen: „Wir wollen der Bahn konstruktiv auf die Finger schauen“, so der OB-Sprecher. Die Befürchtung, dass im Forum zwar viel diskutiert, aber nichts umgesetzt werden könnte, weil die Deutsche Bahn der Bauherr ist, teilt Markus Vogt nicht. Man habe einen engen Kontakt zur Bahn; und die Bürgerbeauftragte der Stadt zu Stuttgart 21, Alice Kaiser, sitze ja im gemeinsamen Kommunikationsbüro.

Landesregierung will neue Formate prüfen

Wolfgang Dietrich, der Sprecher des Bahnprojektes, konnte sich am Montag nicht zu dem Vorstoß der Stadt Stuttgart äußern, da er die Details noch nicht kannte. Unabhängig davon trägt sich die Bahn aber selbst mit dem Gedanken, den Austausch mit den Bürgern zu intensivieren. Bahnchef Rüdiger Grube sagte am Montag in Berlin: „Wir möchten mehr Transparenz, wir haben nichts zu verstecken.“ Auf jeden Fall soll im bestehenden Kommunikationsbüro in Stuttgart das Personal aufgestockt werden, um Fragen und Kritik von Bürgern schneller beantworten zu können. Auch wolle man von sich aus auf die Menschen zugehen, so Wolfgang Dietrich. Wie genau dies aussehen soll, will die Deutsche Bahn vermutlich am Freitag in einer Pressekonferenz in Stuttgart vorstellen.

Grundsätzlich zeigte sich Wolfgang Dietrich optimistisch, dass es jetzt nach der Volksabstimmung für beide Seiten möglich werde, konstruktiver mit Kritik und Vorschlägen umzugehen. Für die Bahn werde er das versuchen, so Dietrich: „Bisher kam Kritik an Stuttgart21 immer mit dem Ziel, das ganze Projekt zu kippen. Die Bahn hat deshalb eine Art Abwehrhaltung entwickelt. Da müssen wir jetzt raus. Wir möchten künftig die Meinungen der Bürger wieder stärker einbinden.“

Auch die rot-grüne Landesregierung bekräftigte am Montag, dass sie sich weiter in der Pflicht sehe, die Bürger bei Stuttgart 21 einzubeziehen. „Wir prüfen alle Formate“, sagte Arne Braun, Sprecher im Staatsministerium. So stehe das Planfeststellungsverfahren für den Filderabschnitt erst noch an: „Da sind viele Möglichkeiten denkbar, die Bürger intensiv zu beteiligen.“