Die Infotheke vom Bürgerbüro West gleicht einem EM-Souvenirstand. Dahinter steht ein echter Fußballfan: Elke Gödecke, die auch dem VfB die Treue hält.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-West - Elke Gödecke schlitzt einen Karton mit gelben Säcken auf und wuchtet ihn auf die Theke, sie gibt beantragte Pässe heraus, erteilt Bürgern persönlich und per Telefon Auskünfte. „So ein Schalter bietet ziemlich viele Möglichkeiten“, sinniert Gödecke und meint weniger die Serviceleistungen des Bürgerbüros. Die Angestellte von der Infotheke im Bürgerzentrum West begreift ihr Dienstkabäuschen auch als Ausstellungsfläche, auf der sie Mitbürger auf die kulturelle Bedeutsamkeit des Fußballs hinweist.

 

Auf wenigen Quadratmetern häufen sich Devotionalien aller Art – Fahnen, Figuren, Plakate, Karten, Tabellen und Spiele. Auch hält Gödecke die Gelben-Sack-Abholer über den aktuellen Stand der Europameisterschaften auf dem Laufenden. Rechts hingen anfangs noch die Nationalflaggen aller, dann aller, die es ins Achtelfinale geschafft hatten. Inzwischen ist der Fahnenwald recht ausgedünnt. „Am Ende bleiben bloß noch zwei übrig: die Deutschlandfahne, wie ich hoffe, und sonst noch irgendeine eine“, sagt Gödecke, „Baujahr 1952“.

Multiplikator für den VfB

Schon zu DDR-Zeiten, als sie noch in im sachsen-anhaltischen Wernigerode lebte, sei sie auf Fußball abgefahren. „Ich bin da auch mal nach Brandenburg ins Stadion gefahren oder nach Leipzig, um ein Spiel zu sehen.“ Kurz nach der Wende kam Gödecke ins Schwäbische und buchte beim VfB ein. Jetzt taucht sie kurz unter ihrem Tresen ab und gleich wieder auf und präsentiert ein silbriges Fußballtrikot als wär’s ein selbst geschossenes Bärenfell: „Das neue Auswärtsshirt des VfB. Habe ich mir ganz neu gekauft. Teuer gewesen. Meine Chefin sagt, ich darf es auch bei der Arbeit tragen.“ Der kommunikative Aspekt ihrer nach außen gestülpten Freude am Fußball könne man gar nicht hoch genug hängen: „Man kommt schnell mit den Leuten ins Gespräch.“

Natürlich geht sie auch zu VfB-Spielen, wo sie an Fänchen und anderen Fanartikeln mitnimmt, was sie tragen kann, um es anderntags an die Kinder im Bürgerzentrum zu verteilen, die dort mit ihren Eltern im Wartebereich sitzen. Auch einen Karton mit Give-Aways hat sie aufgestellt, aus dem sich Kinder bedienen dürfen. „Ich bin der beste Multiplikator für den VfB“, stellt Gödecke zufrieden fest. Aber sie kann auch streng sein: Den Abstieg in die zweite Liga, so die kritische Anhängerin, habe sich der Verein selbst zuzuschreiben. Bei laxer Trainingsmoral kennt Gödecke kein Pardon.

In EM-Zeiten wie diesen verbringt Gödecke ihre Abende in der Garage eines Freundes. Sie ist zum aktuellen Sportstudio umfunktioniert, wird mit hausgemachten Speisen und Getränken beliefert und von Fachpublikum bevölkert, das gemeinsam die Spiele schaut und seinen Expertensenf dazugibt. „Gewettet wird natürlich auch.“ Im privaten Rahmen verzichtet Elke Gödecke allerdings auf eine aufwendige Fußball-Dekoration. Daheim bescheidet sie sich mit einer Deutschlandfahne vor dem Fenster. „Zuhause sieht’s ja keiner. Aber hier im Bürgerzentrum haben viel mehr Leute was davon.“

Keine dekofreien Durststrecken

Auch die längste EM wird irgendwann zu Ende gehen. Doch Elke Gödecke fürchtet sich keineswegs vor einer dekofreien Durststrecke. Zum einen lebt der VfB ja auch in der zweiten Liga weiter. Zum anderen hält das Jahr noch ein paar weitere Großereignisse parat, die es wert sind, dekoriert zu werden. Denn auch Weihnachten, Fasching und Ostern gehen keineswegs spurlos am Info-Kabäuschen von Elke Gödecke vorüber. Sie haben gegenüber dem Fußball den Vorteil, dass Gödecke das Personal nicht alle Jahre auswechseln muss. Die Stammbesetzung aus Nikolaus, Maria, Josef, Ochs und Esel, Hase und Henne bleibt im wesentlichen dieselbe.