Bad Herrenalb soll künftig nicht mehr zum Kreis Calw gehören, sondern zum Kreis Karlsruhe. Das hat ein Bürgerentscheid ergeben. Doch die Mehrheit war denkbar knapp. Und was machen die Höhenstadtteile?

Bad Herrenalb - Die Bürger der Kurstadt Bad Herrenalb im Nordschwarzwald sind für einen Wechsel ihrer Kreiszugehörigkeit. Bei einem Bürgerentscheid am Sonntag sprachen sich 1872 der Wahlberechtigten dafür aus, künftig dem Landkreis Karlsruhe anzugehören. Allerdings war der Ausgang denkbar knapp. Denn gleichzeitig sprachen sich 1829 Wahlberechtigte für einen Verbleib im Landkreis Calw aus. Die Abstimmung ist gültig. Das vorgeschriebene Quorum von 20 Prozent aller Wahlberechtigten wurde von beiden Seiten jeweils um fast zehn Prozentpunkte übertroffen. Zwei der drei Höhenstadteile des Kurorts hatten sich anders entschieden – die Ortsteile Neusatz und Rotensol stimmten gegen den Wechsel.

 

Der Bürgermeister ist überrascht

Dem Bürgermeister Norbert Mai (Freie Wähler) war die Enttäuschung anzumerken. Er räumte nach Bekanntgabe der Auszählung ein, dies sei „ein anderes Ergebnis als wir erwartet haben“. Er als Rathauschef werde „den Entscheid akzeptieren“, dieser ersetze formal einen Gemeinderatsbeschluss. Mai hatte im Vorfeld des Bürgerentscheids geäußert, er „erkenne keinen Mehrwert im Wechsel“ der Kreiszugehörigkeit. In einer der nächsten Sitzungen des Stadtrats werde das Thema auf die Tagesordnung kommen. Die Verwaltung sei beauftragt, „einen Antrag an den Landtag“ zu formulieren. Der Wechsel des Landkreises ist laut der Gemeindeordnung „aus Gründen des Gemeinwohls möglich“. Er bedarf allerdings eines Landtagsbeschlusses.

Auch der Calwer Landrat Helmut Riegger (CDU) zeigte sich „enttäuscht“ vom Wahlausgang. Er sehe „mit Sorge, wie es in Bad Herrenalb weitergehe“, auch angesichts der anderslautenden Voten in zwei der drei Höhenortsteile. Dort stimmten teilweise mehr als 70 Prozent gegen den Wechsel. Der Ort zeige „sich zerrissen“, und werde „sich die nächsten Jahre sehr stark mit sich selbst beschäftigen“, prognostizierte der CDU-Politiker. Ganz anders sieht dies Martin Knirsch, der Sprecher der Initiative für den Wechsel. „Der Bürger hat ausreichend dokumentiert, dass er den Wechsel will“, sagte der Altstadtrat. Die Initiative hatte damit argumentiert, dass bei einem Wechsel kürzere Wege zu Ämtern bestehen würden. Man erhoffe sich mit Anschluss an Karlsruhe auch einen wirtschaftlichen Aufschwung.

Die Landesregierung hat kein Interesse

Der Bürgerentscheid ist formal nicht bindend. Für den weiteren Verfahrensgang ist ein Antrag des 15-köpfigen Gemeinderats an den Landtag notwendig. Der müsste, damit ein Kreiswechsel tatsächlich vollzogen werden kann, eigens ein Gesetz beschließen. Dabei würde vermutlich der Calwer Landtagsabgeordnete Thomas Blenke ein gewichtiges Wort mitsprechen. Blenke ist innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, und hat sich frühzeitig gegen den Kreiswechsel ausgesprochen – so wie seit Monaten auch sein Parteifreund, Landrat Helmut Riegger. Im Koalitionsvertrag von Grünen und CDU steht der Satz, dass die aktuelle Landesregierung „keine Gebietsgrenzen ändern wolle“. Sollte der Landtag ein Gesetz zum Kreiswechsel beschließen, müsste formal dann auch der Landkreis Karlsruhe der Wechselabsicht zustimmen.

Im Kreis Karlsruhe, der mit über 400 000 Einwohnern fast dreimal so groß ist wie der südöstlich angrenzende Kreis Calw, wäre Bad Herrenalb unter den Städten mit seinen rund 7400 Einwohnern der Größe nach bei einem Wechsel nur noch an 25. Stelle platziert. Im Kreis Calw ist Bad Herrenalb auf Platz acht. Riegger hatte in den vergangenen Wochen wiederholt die Bedeutung der Kurstadt für den als „Bäderkreis“ bezeichneten Landkreis hervorgehoben, dem Bad Herrenalb schon vor der Kreisreform angehörte.