Der umstrittene Aussichtssteg für die Remstal-Gartenschau 2019 wird in Kernen nicht gebaut. Das Naturdenkmal „Sieben Linden“ bleibt unangetastet. Eine große Mehrheit der Kernener Wähler hat das Bauprojekt beim Bürgerentscheid an diesem Sonntag abgelehnt. Das Quorum von 2504 Stimmen wurde weit übertroffen.

Kernen - Der Bürgerentscheid in Kernen ist entschieden. Der umstrittene Aussichtssteg im Naturdenkmal Sieben Linden wird nicht gebaut. 3543 Menschen, das sind 28,3 Prozent der 12 513 Stimmberechtigten, haben entsprechend der Fragestellung: „Sind Sie dafür, dass kein Aussichtssteg auf dem Naturdenkmal ,Sieben Linden’ gebaut wird?“ mit „Ja“ und somit gegen die Plattform gestimmt. Ein „Nein“ zum Bürgerbegehren kreuzten nur 1505 Wähler an. Damit bleibt das Naturdenkmal unangetastet und das ebenfalls am vorgesehenen Bauplatz bestehende Landschaftsschutzgebiet unverletzt. Das nötige Quorum, 20 Prozent der Wahlberechtigten, lag bei 2504 Stimmen. Diese Marke musste die Mehrheit der Stimmen übersteigen, um ein gültiges und für den Gemeinderat bindendes Votum abzugeben.

 

Die Wahlbeteiligung war mit etwas mehr als 40 Prozent etwas geringer als sonst bei Kommunalwahlen in Kernen, lag aber in der Größenordnung erfolgreicher Bürgerentscheide.

Dem Urnengang an diesem Sonntag war ein wochenlanger Wahlkampf mit Infoveranstaltungen der Steg-Gegner und der Gemeindeverwaltung, mit Flyern und Plakaten vorausgegangen. Einzelne Bürger haben offenbar für die Wahlwerbung tief in ihre Taschen gegriffen, denn eine Wahlkampfkosten-Erstattung gibt es nach Auskunft der Gemeindeverwaltung nicht. „Mir gebet nix“, hieß es aus dem Rathaus.

Grundsatzstreit zwischen der Bewahrung und der Nutzung der Natur

Die Entscheidung zwischen „Natur genügt“ und dem Willen, den Aussichtsradius vom Felsensporn der Sieben Linden ins vordere Remstal noch zu verbessern, ist in den vergangenen Wochen als eine Grundsatzstreit zwischen der Bewahrung und der Nutzung der Natur erschienen und deswegen gelegentlich auch mit emotionalen Reaktionen einher gegangen. Im Gemeinderat Kernen waren entsprechend dieser Trennlinie die umweltorientierte Offene Grüne Liste (OGL) und das linksalternative Parteifreie Bündnis (PFB) gegen den Steg-Bau eingestellt. Dagegen war die Ratsmehrheit mit der CDU, den Unabhängigen Freien Wählern (UFW) und den meisten SPD-Gemeinderäten für das filigrane, aber stählerne Bauwerk eingestellt. Von diesem hatten diese Gemeinderäte sich eine Attraktion für die Remstal-Gartenschau 2019, eine Belebung des Tourismus und der Gastronomie erhofft.

Beide Ortsteile sind sich weitgehend einig

Auffällig an der Entscheidung ist, dass es in keinem Wahllokal eine andere Mehrheit gab. Auch im größeren Ortsteil Rommelshausen stimmten durchweg etwa doppelt so viele Wähler mit dem „Ja“ als mit einem „Nein“ und folgten damit dem Bürgerbegehren aus den Umweltverbänden Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und dem Naturschutzbund (Nabu). Der Stimmenerfolg der Steggegner war im Ortsteil Stetten teilweise noch deutlich höher.

„Wir haben anderthalb Jahre gegen den Steg gekämpft. Der Kampf ist nun vorbei. Wir bedanken uns bei allen Wählern“, sagte eine hoch erfreute Margret Thumm-Jorge, eine der drei Vertrauenspersonen, die den Bürgerentscheid beantragt haben. Ihr Mitstreiter Martin Silber sprach von einem „Erfolg für mehr Bürgerbeteiligung und mehr Demokratie in diesem Sinne.“

Bürgermeister Stefan Altenberger: Jetzt wird der Steg nicht gebaut, auch nicht woanders

Bürgermeister Stefan Altenberger zeigte sich gefasst: „Das ist ein klares Ergebnis. Jetzt wird der Steg nicht gebaut, auch nicht woanders. An anderen Stellen hätte er keinen Sinn. Nur damit so ein Ding in der Landschaft steht, müssen wir es nicht errichten.“ Sein Erster Beigeordneter und Bauamtsleiter Horst Schaal machte keinen Hehl daraus, dass er „maßlos enttäuscht“ ist: „Der Steg wäre ein Alleinstellungsmerkmal gewesen, das uns jetzt wegbricht“, sagte Schaal mit Bezug auf die Remstal-Gartenschau 2019. „Mir tut es leid für die Mitarbeiter, die viel Engagement eingesetzt haben, und vor allen Dingen für das Büro Schlaich und Partner, das Zeit und Geld in das Projekt gesteckt hat.“