Bürgermeister sollen eine kürzere Amtszeit haben und von der Kommune auch abgewählt werden können. Das fordert der Verein „Mehr Demokratie“, der ein ganzes Bündel an Reformvorschlägen vorlegt.

Stuttgart - Im Jahr 2014 sind die nächsten Kommunalwahlen in Baden-Württemberg. Rechtzeitig davor hat der Landesverband des Vereins Mehr Demokratie ein umfangreiches Paket von Vorschlägen zur Reform des Kommunalwahlrechts vorgestellt. So soll das Wahlalter auf 16 Jahre heruntergesetzt werden. Die Sitzverteilung in den Kommunalvertretungen soll nicht mehr nach D’Hondt berechnet werden, sondern nach dem Verfahren von Saint-Laguë. Auch für das Kumulieren und Panaschieren machen die Demokratielobbyisten Verbesserungsvorschläge.

 

Zwei wesentliche Änderungswünsche betreffen aber gar nicht Gemeinderats- oder Kreistagswahlen, sondern die Wahl von Bürgermeistern und Landräten. Beide Funktionen werden anders als die Kommunalparlamente nicht auf fünf, sondern auf acht Jahre besetzt. Zudem ist die Wahl unabhängig vom landesweit geltenden Termin für die Wahl der Kommunalparlamente.

Demokratischer Notausstieg

Mehr Demokratie schlägt vor, die Amtszeit der Bürgermeister auf sechs Jahre zu verkürzen. Das sei bereits in Hessen und Bayern so, verbessere die demokratische Legitimation und senke die Gefahr eines „Abhebens“ von Bürgermeistern. Sollte dies doch einmal der Fall sein, soll ein Schultes künftig auch abgewählt werden können. Auch das hätten fast alle Bundesländer außer Bayern und Baden-Württemberg schon ermöglicht. Da man es einem Gemeinderat aber nicht zu leicht machen möchte, einen unliebsamen Rathauschef loszuwerden, sollten die Hürden für die Abwahl hoch gelegt werden, sagt Reinhard Hackl, Mitglied im Landesvorstand des Vereins. Als „demokratischen Notausstieg“ schlägt er vor, dass 25 Prozent der wahlberechtigten Einwohner einer Gemeinde mit ihrer Unterschrift oder der Gemeinderat mit Dreiviertelmehrheit ein Abwahlverfahren auslösen können. Entscheiden sollen freilich nur die Bürger dürfen, die Mehrheit der Stimmen solle den Ausschlag geben.

Die Mehrheitsfrage ist Hintergrund eines weiteren Reformbegehrens. Erreicht bei einer Bürgermeisterwahl kein Bewerber die absolute Mehrheit, kommt es zwei oder drei Wochen später zu einer Neuwahl, bei der die relative Mehrheit reicht. Dabei kann jeder kandidieren, der sich berufen fühlt, es ist also keine Stichwahl zwischen den erfolgreichsten Kandidaten. Das führe meist zu einer geringeren Wahlbeteiligung, kritisiert Mehr Demokratie. Oft würden die Sieger von weniger als der Mehrheit der Wähler bestimmt wie zuletzt in Konstanz, wo der Gewinner letztlich nur 17 Prozent der Wahlberechtigten hinter sich bringen konnte, wie Edgar Wunder, ebenfalls vom Vorstand des Vereins, vorrechnete.

Integrierte Stichwahl

Abhelfen soll die integrierte Stichwahl. Die Wähler sollen die Möglichkeit haben, die Kandidaten zu priorisieren. Mit einer „1“ auf dem Stimmzettel wird der Favorit gekennzeichnet. Landet dieser aber auf dem letzten Rang, und kein anderer Bewerber schafft die absolute Mehrheit, scheidet er aus dem Rennen aus. Es wird geschaut, wie sich bei seinen Wählern die mit einer „2“ gekennzeichneten Zweitpräferenzen verteilen – so lange, bis einer endlich die absolute Mehrheit hat. Das gebe den Wählern die Möglichkeit, ihren Willen differenziert zum Ausdruck zu bringen und sei weniger aufwendig als eine Neuwahl, argumentieren Hackl und Wunder.