Der Bürgermeisterwahlkampf in Gammelshausen verspricht, abwechslungsreich zu werden. Ein Kandidat ist als Schlagerksänger bekannt, ein anderer will den Job gar nicht.

Gammelshausen - Um es vorwegzunehmen: obwohl im rund 1450 Einwohner zählenden Dorf Gammelshausen der 58-jährige Amtsinhaber Hans-Peter Zaunseder nach drei Amtsperioden am 3. März nicht mehr zur Wiederwahl antritt, zeichnet sich ein klarer Favorit ab. Zwar ist der 27-jährige Reichenbacher Daniel Kohl bislang vor allem als jüngere Hälfte des durch das Fernsehen bekannten Schlagerduos Daniel und Steffen („Insel Fantasia“, „Ein Funke Hoffnung“, „Verzeih mir meine kleinen Fehler“) öffentlich aufgefallen. Davon, ein schlichter Juxkandidat zu sein, ist der Sänger aber meilenweit entfernt.

 

Kein Juxkandidat

Daniel Kohl ist Verwaltungsfachmann und leitet zwei Orte weiter in Schlat das Hauptamt. Und er will als Bürgermeister auch nicht singen. Privates und berufliches will er strikt trennen, so wie es er und sein Bruder Steffen schon die vergangenen 15 Jahre ihrer Gesangskarriere halten. So dürfte der versierte Lokalmatador durchaus ernsthafte Siegchancen haben. Zumal die Konkurrenz bisher – die Bewerbungsfrist läuft noch bis zum 7. Februar – überschaubar und zudem sehr berechenbar ist.

Einziger Mitbewerber Kohls ist der bekennende Neinsager Jens Martinek. Martinek ist Bundesvorsitzender der Partei „Nein-Idee“, die genau am 1. April 2012 gegründet worden ist, wobei dieses Datum Zufall sei, wie der 41-Jährige betont. Sollte er gewählt werden, würde er das Amt aber genauso wenig antreten wie in den fünf anderen Ortschaften, in denen der verheiratete Vater einer Tochter und Inhaber eines Tonstudios aus dem Ort Rübeland im Landkreis Harz (Sachsen-Anhalt) zurzeit als Bürgermeister kandidiert.

Eine neue Partei sagt nein

Ein Juxkandidat zu sein, weist er dennoch weit von sich. Das gelte auch nicht für seine Parteifreunde Toni Lehlbach, alleinerziehende Mutter aus Wesermarsch (Niedersachsen), die unter anderem in Remshalden (Rems-Murr-Kreis) und Marbach (Kreis Ludwigsburg) Bürgermeisterin werden will, oder Michael König aus Harsefeld bei Hamburg, der sich ebenfalls für die Chefsessel diverser Rathäuser bewirbt.

Die Partei, die noch nur wenig mehr als 60 Mitglieder zählt, sammelt auch schon fleißig Unterschriften mit dem Ziel, zumindest in Bayern, Niedersachsen, Berlin und Nordrhein-Westfalen zur Bundestagswahl anzutreten. Zudem stelle man für jede Bürgermeisterwahl Kandidaten auf, allein, um den Wählern die Chance zu einem echten Nein zu geben.

„Wahlalternative für Nichtwähler“

Die Nein-Idee ist leicht zu verstehen. „Wir wollen all denen eine Alternative bieten, die genug davon haben, dass über ihre Köpfe hinweg regiert wird. Wenn man aber nur die Wahl boykottiert, hat das keine Auswirkungen. Die Mehrheit der Nichtwähler wird nicht berücksichtigt“, erklärt Jens Martinek. Sollten hingegen Neinsager viele Stimmen bekommen, müssten sich die anderen Kandidaten oder Parteien Gedanken darüber machen, wie sie wieder Mehrheiten bekämen, also was die Bürger eigentlich wollten, erläutert er weiter sein Nein, das weder als Anarchie noch als Blockade verstanden werden solle.

Dennoch will Martinek als Neinsager niemals ein Amt annehmen. „ Ich maße mir nicht an, über andere zu bestimmen. Würden wir aber Mandate für ein Parlament bekommen, dann würden sie diese selbstverständlich ausüben. Wir würden dann eben immer mit Nein stimmen.“ Eine Ausnahme gibt es Martinek zufolge: „Entscheidungen, die auf Freiwilligkeit abzielen, die jedem Menschen ein Selbstbestimmungsrecht einräumen, tragen wir mit“, erklärt er.

Schon zwei Mitglieder im Ländle

Kurze Zeit hatte sich Martinek zuvor in der ebenfalls blutjungen „Partei der Vernunft“ engagiert. Gescheitert sei dies am Gruppenzwang und der Parteihierarchie. Die gebe es bei Nein-Idee nicht. So hätten bisher nur ein oder zwei Mitglieder versucht, anderen gegenüber eine Richtung vorzugeben. „Sie haben schnell gemerkt, dass sie damit bei uns falsch sind“, sagt der Parteivorsitzende. Auf der anderen Seite gewinnt die Partei an Zulauf. „Durch die Bürgermeisterkandidaturen werden die Leute nun auch in Baden-Württemberg auf unsere Idee aufmerksam. Wir haben schon zwei neue Mitglieder“, sagt Martinek.