Die 51-jährige Bärbel Winkler aus Fellbach engagiert sich in ihrer Freizeit aufopfernd im Kampf gegen den Klimawandel. Folge 28 der Serie „Bürgersprechstunde“.

Reportage: Akiko Lachenmann (alm)
Den Eisbären Corinna und Felix ist die blonde Frau, die immer einen aufgeklappten Leitz-Ordner vor sich herträgt, wohl schon vertraut. An Wochenenden steht sie gestikulierend und umringt von Zuhörern vor dem Becken der Polartiere in der Wilhelma. Die Bären dienen Bärbel Winkler aus Fellbach als Kulisse für ein Anliegen, das ihr seit 2007 – seit sie Al Gores Film „Eine unbequeme Wahrheit“ gesehen hat – keine Ruhe lässt: die Folgen des Klimawandels. Die Zooführungen sind der anschaulichste Teil ihres Engagements, ihre andere Wirkungsstätte ist das Internet, wo sie sich für Umweltorganisationen einsetzt. Doch nun ist Klimagipfel – und Bärbel Winkler will live dabei sein. Vor ihrer Fahrt nach Paris hat die 51-Jährige Zeit für ein Gespräch.
Frau Winkler, erzählen Sie uns Ihre Geschichte.
Ich komme vom Bodensee und bin mit Kameras aufgewachsen. Meine Eltern haben beide Fotokaufmann gelernt, und meine Oma hatte ein Fotogeschäft in Friedrichshafen. Ich selbst bekam als Teenager meine erste Spiegelreflexkamera und habe in der Natur fotografiert, was mir vor die Linse kam. Statt Poster von Popbands hingen an meinen Zimmerwänden Pferdebilder, statt der „Bravo“ las ich „Das Tier“. Noch vor dem Abitur war ich Mitglied beim WWF und bei Greenpeace. Die Natur und ihr Schutz waren mir immer ein Anliegen.
Und dann begannen Sie, Biologie zu studieren?
Nein, das Studium war mir zu chemielastig. Ich dachte kurz darüber nach, Meteorologin zu werden. Mich faszinierten Wetterkarten, das ging so weit, dass ich eine Zeit lang täglich die Temperaturen notiert habe und meine eigenen Wetteraufzeichnungen machte. Doch dann entschied ich mich, wie mein Vater zu Kodak zu gehen und eine Ausbildung anzufangen. Dort entdeckte ich meine Begeisterung für Logik und Programmierung, zuerst in der Marketingabteilung, wo ich viel mit Statistik machte, später auch in der elektronischen Datenverarbeitung. Heute arbeite ich hauptberuflich als IT-Systemberaterin. Dieses Wissen nutzt mir sehr viel für mein privates Engagement.
Sie sind doch Umweltschützerin.
Nicht im klassischen Sinne. Vom Bäumepflanzen verstehe ich nichts. Ich bin auch keine Veganerin. Mir geht es darum, die Menschen davon zu überzeugen, dass der Klimawandel eine ernst zu nehmende Bedrohung für uns darstellt. Das versuche ich mit meinen Führungen in der Wilhelma. Aber noch mehr Leute erreiche ich über das Internet. Dort suchen die Menschen nach Informationen zum Klimawandel. Und dort säen einige dubiose Leute, die den Klimawandel nicht wahrhaben wollen, ihre Zweifel an unseren Argumenten. Um diesen Paroli zu bieten, muss man ihre Methoden durchschauen und sie mit wissenschaftlichen Fakten entlarven.
Was treibt diese Leute an?
Viele leugnen den Klimawandel aus ideologischen Gründen: Sie plädieren für eine Marktwirtschaft, die frei ist von staatlichen Interven-tionen. Ein von Menschen verursachter Klimawandel würde aber ein Eingreifen legitimieren! Andere verfolgen rein ökonomische Interessen. Bestes Beispiel ist der Ölkonzern ExxonMobil, der allein 43 scheinbar unabhängige Organisationen unterstützt hat – mit dem Ziel, die Ergebnisse der Klimaforschung in Frage zu stellen. Und das, obwohl dessen eigene Wissenschaftler schon Ende der 70er Jahre vor den Folgen des Klimawandels gewarnt haben.
Haben die Leugner des Klimawandels damit überhaupt Erfolg?
In den USA schon. Jeder zweite Amerikaner streitet inzwischen ab, dass die Menschheit für den Klimawandel verantwortlich ist. Zu dieser Haltung tragen konservative Fernsehsender wie Fox News bei, die mit den Leugnern offensichtlich unter einer Decke stecken. Pünktlich zum Klimagipfel hat nun der Republikaner Lamar Smith die NOAA, die Wetter- und Ozeanografiebehörde der Vereinigten Staaten, aufgefordert, sowohl ihre Aufzeichnungen als auch interne E-Mails ihrer Wissenschaftler offenzulegen. Damit will Smith den Ruf der Behörde, die deutlich vor dem Klimawandel warnt, und ihre Forschung diskreditieren.