Nun gibt es einen entgegengesetzten Trend?
Ja, die Männer wollen ihren Platz zurückerobern. Das sieht man auch daran, dass viele wieder ein Herrenzimmer im Haus fordern – einen Raum, in dem sie Whisky trinken und rauchen dürfen oder zocken und TV-Serien gucken. Ich selbst wohne mit meiner Freundin zusammen in einem Haus und habe mit dem Wintergarten ein eigenes Reich. Dort stehen Gin und Bier, eine Spielkonsole und ein Flachbildschirm, und einmal die Woche kommen meine Kumpels in den Wintergarten. Da darfst du noch rülpsen, ohne schief angeguckt zu werden.
Helfen Sie im Haushalt mit?
Klar. Solange ich nicht putzen muss, ist alles in Ordnung. Zu meiner Freundin sage ich immer: „Wenn du nicht putzen willst, dann holen wir uns eben eine Putzfrau.“ Aber ich sauge manchmal Staub und mache auch mal das Bad. Und ich koche sehr gerne.
In Ihrer Barberstub herrscht ein striktes Frauenverbot. Warum?
Klar, die Barberstub darf keine Frau betreten, solange ein Kunde da ist! Schließlich werden hier Männergespräche geführt. Wir reden über alles. Über Politik, über Beziehungen, übers Saufen, Partys und so Zeug. Natürlich auch über Frauen, geteiltes Leid und so. Jeder hat dieselben Probleme daheim, da ist nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. Deswegen reden wir im Herrensalon ohne die Frauen darüber. Wir reden natürlich nicht nur schlecht über sie. Fest steht: hier darf ein Mann noch Mann sein! Für die Kerle ist das ein besonderes Feeling. Sie hocken hier drinnen, werden geschnitten, rasiert, und du merkst richtig, wie sie sich immer geiler finden. Für sie ist der Blick in den Spiegel ein Kick.
Wie läuft ein Besuch in der Barberstub ab?
Also mit Schnitt und Rasur ist man so eine Stunde bei uns. Es läuft Rock ’n’ Roll, und der Kunde kriegt erst mal ein Bier oder ein Glas Whisky in die Hand. Das ist in so einem Gesamtpaket mit drin. Trinken können die Kunden dann, so viel sie wollen. Gut, wären wir in der Stadt, dann müssten wir das sicher anders regeln. Dort fährt man ja Bahn oder Bus, und dann könnten die in einer Stunde sicher mehrere Bier wegpressen. Für die Männer ist das hier die totale Entspannung. Die finden es gut, dass es so was gibt.
Was sind das für Männer, die zu Ihnen kommen?
Das sind Gleichgesinnte. Die bringen Zeit mit und wollen abspannen. Zwischen dem elfjährigen Buben und 80-jährigen Greis ist alles dabei. Aber die meisten sind so um die 25 Jahre alt. Die Männer kommen von überall her. Ein Kunde ist Bundeswehrsoldat und beim Eurokorps in Straßburg stationiert und fährt öfters hierher. Andere kommen aus Freiburg, aus Baden-Baden und Karlsruhe. Aber es kommen auch Leute aus dem Ort, aus allen Ecken der Gesellschaft. Der Bürgermeister besucht mich, aber auch Landwirte kommen. Und Leute, von denen ich nie dachte, dass sie sich so was gönnen und leisten wollen. Ein Punk zum Beispiel, der kommt manchmal ganz versoffen her und genießt das Umfeld einfach. Und dann erfährt man nebenbei, dass der Punk ein Haus hat, das er gerade abbezahlt. Ein netter Typ.
Was ist gerade modisch angesagt?
Die Schnitte, die hier gefragt sind, sind Rockabilly, also aus den 50er Jahren. Die meisten wollen den Scumbag Boogie – eine Tolle mit rasiertem Scheitel. Es wird wieder kräftig Pomade benutzt, schmieriges Fett, das man sich in die Haare streift, damit es glänzt.