Der Srilanker Roshan Ranasinghe kam der Liebe wegen nach Stuttgart. Mit im Gepäck hatte er seine große Leidenschaft für Cricket. Er gründete den ersten Stuttgarter Cricketverein, der inzwischen beachtliche sportliche Erfolge feiert.

Reportage: Robin Szuttor (szu)
Eine kleine Wohnung in Stuttgart-Weilimdorf. Roshan Ranasinghe gießt Beuteltee aus Sri Lanka ein. Auf dem Sofa hat der 41-Jährige seine Cricketausrüstung bereitgelegt: den Helm, den Bat, ein Schläger aus Englischer Weide, den Lederball, groß wie ein Boskop, hart wie eine Kokosnuss. Schon König Edward I. (1239– 1307), der „Hammer der Schotten“, soll dem Spiel gefrönt haben. Durch den Briten Douglas Adams, der in „Per Anhalter durch die Galaxis“ eine galaktische, cricketähnliche Auseinandersetzung auf dem Planeten Krikkit beschreibt, fand es seinen Platz in der Weltliteratur. Und durch die Kolonialmacht Großbritannien wurde es auf dem ganzen Globus verbreitet, auch in Ranasinghes Heimat Sri Lanka.
Herr Ranasinghe, erzählen Sie Ihre Geschichte!
Ich stamme aus Maha Nuvara, der letzten Hauptstadt des singhalesischen Königreichs, weltberühmt wegen ihres Zahntempels, wo ein oberer Eckzahn von Buddha aufbewahrt wird. Ich wuchs mit zwei Schwestern und zwei Dutzend Cousins und Cousinen auf. Als ich Yvonne kennenlernte, arbeitete ich als Hotelmanager. Ich zog schließlich zu ihr nach Deutschland, wo wir ein neues Leben aufbauten. Mit im Reisegepäck hatte ich meine Liebe zu Cricket.
Damit sind Sie in Sri Lanka sicher nicht allein.
Cricket ist für alle die Nummer eins. An jeder Ecke in Sri Lanka werden Sie Kinder sehen, die Cricket spielen. Bei Weltmeisterschaften oder anderen großen Matches hingegen ist das Land menschenleer, jeder sitzt vor dem Fernseher, keiner geht arbeiten. Das Erste, was sich ein Junge in Sri Lanka wünscht, ist ein Cricketschläger. So war es auch bei mir. Mein Vater tadelte mich oft, weil mich Cricket mehr interessierte als die Schule und auch, weil ich viele Fenster einwarf. Aber kaputte Scheiben gehören dazu wie gebrochene Finger oder kaputte Knie.
Hört sich nach einem gefährlichen Sport an.
Nein, er ist nicht gefährlich. Es gab zwar vor einem Jahr einen Todesfall: Phillip Hughes, einer der besten Schlagmänner Australiens, schätzte einen sehr hart geworfenen Ball falsch ein und drehte sich weg. So konnte ihn der Ball am Hinterkopf treffen. Aber das war ein tragisches Unglück. So etwas kann in jeder Sportart passieren. Wer Angst hat, ist kein guter Spieler.
Wie funktioniert Cricket?
Viele verwechseln es mit Krocket und sagen: „Das kenne ich, das ist doch eine Art Minigolf.“ Oder sie bringen alles durcheinander und meinen, dass wir dabei auf Elefanten reiten. Ich sage immer: Es ist so ähnlich wie Baseball. In aller Kürze die Regeln zu erklären ist schwierig.
Wollen Sie es versuchen?
Also, es gibt eine Schlagmannschaft, von der sind zunächst nur zwei Batsmen im Spiel. Von der anderen Mannschaft alle elf. Einer davon ist der Bowler, der versucht, das Wicket zu treffen. Wenn er es schafft, ist der Batsman, der das Wicket verteidigt und den Ball wegschlägt, ausgeschieden. Solange der Ball unterwegs ist, können die beiden Batsmen die Position tauschen, dafür bekommen sie dann einen Run. Wenn die Feldmannschaft versucht, den Ball wieder zurückzubekommen und die Batsmen es nicht geschafft haben, ihre Position zu wechseln, ist der Batsman auch aus. Wenn der Batsman aber den Ball wegschlägt und . . .
. . . okay, vielleicht doch lieber noch mal zurück zu Ihrer Kindheit. Wer waren Ihre Idole?
Außer dem Nationalteam von Sri Lanka war ich ein großer Fan der West Indies. Sie hatten in meiner Jugend die besten Spieler der Welt und besiegten jedes andere Land. Big Joel Garner zum Beispiel, einer der schnellsten Bowler. Seine Hände waren so riesig, dass er den Ball darin verstecken und keiner den Wurf vorausahnen konnte. Oder Jonty Rhodes, ein Fielder aus Südafrika, schnell wie eine Katze. Er fing jeden Ball, selbst wenn er wie eine Rakete kam. Aber mein Held war immer Roshan Mahanama. Ich habe ihn nie kopiert, aber viele haben mich mit ihm verglichen wegen meiner Art zu spielen.