Wie schaut eine 17-jährige Abiturientin auf die Welt? Ronja Hornik aus Sindelfingen gibt einen kleinen Einblick. Folge sieben der Serie „Bürgersprechstunde“.

Sindelfingen - – Zum Frühstück hat Ronja Hornik wie immer Eszet-Schnitten-Brote gegessen. Die Schülerin am Sindelfinger Goldberg-Gymnasium schaffte gerade 15 Punkte im praktischen Kunstabitur. Obwohl sie mitten in der Prüfungsphase steckt, wirkt die 17-Jährige entspannt. Mit ihrer Familie und der Schildkröte Hermann wohnt sie im Reihenhaus der Großmutter. Eigentlich hätte sie heute Probe mit der Theater-AG, aber es wird ein Akt gespielt, in dem ihre Rolle schon tot ist. Ein Gespräch über Theater, Kunst und die Kraft des Zeichnens.
Ronja, erzähl deine Geschichte!
Ich bin am 27. Mai 1997 in Konstanz geboren. Zu Hause, nicht im Krankenhaus. In der Chérisy, das ist eine freie Wohngemeinde auf einem ehemaligen Kasernengelände. Meine Eltern haben in einer Wohngemeinschaft mit einer anderen Familie gewohnt. Ich habe zwei Brüder. Eigentlich wollten meine Eltern nicht heiraten. Aber damit sie die gleichen Rechte bei unserer Erziehung haben, heirateten sie doch. Meine Geschwister und ich haben alle vier Vornamen. Ich heiße Ronja Katharina Elke Maria Hornik. Erst mit fünf konnte ich meinen ganzen Namen sagen. Ronja kommt von Astrid Lindgrens „Ronja Räubertochter“, das Buch hat meinen Eltern so gut gefallen.
Du zeichnest gern.
Ja schon von klein auf. Auch meine Eltern haben immer gerne gezeichnet, mein Vater im Comicstil. Immer, wenn ich einen Stift in der Hand habe, fange ich an zu zeichnen. In mein Skizzenbuch zeichne ich in drei, vier Minuten, was ich so gesehen habe. Am liebsten Menschen, in Landschaften sieht man keine Gefühle. Bei Menschen kann man auch mehr variieren, zum Beispiel in ihrer Körperspannung.
Ist dein Skizzenbuch so eine Art Tagebuch?
So halb. Es geht nicht um mich, sondern um das, was ich sehe. Es ist meine Sicht auf die Dinge. Aber ich schaffe es natürlich nicht immer, das so zu zeichnen, wie ich es mir vorstelle. Man hat ein Bild im Kopf, aber man kann es nicht festhalten. Ich glaube, man sieht seine eigenen Sachen immer anders, als andere sie sehen. Es ist schwer, wenn man bei anderen eine schöne Zeichnung sieht, dann denkt man: oh, so gut bin ich nicht. Trotzdem höre ich nicht auf. Ich mache es ja nicht, um anderen zu gefallen.
Was bedeutet dir das Zeichnen?
Es ist ein Ventil. Wenn ich rauslassen will, was ich denke, mache ich das durch Zeichnen. Egal, welche Stimmung ich habe. Ich zeichne kleine Striche, mache Formen aus den Strichen. Das kann man schlecht beschreiben. Es macht jedenfalls Spaß.
Willst du Kunst studieren?
Ja, vielleicht. Aber ich will nicht Lehrerin werden. Das Problem am Lehrer sein ist: die Schüler sind immer gleich alt, man selbst wird immer älter. Das finde ich komisch. Und bei der Kunst ist es auch so, dass ich lieber selber was mache, als das von anderen zu bewerten.
Du bist auch in der Theater-AG. Was magst du am Schauspielen?
Wenn ich vor der Klasse stehe und Referate halte, bin ich aufgeregt. Und natürlich bin ich auf der Bühne auch aufgeregt, aber da ist man nicht mehr man selbst. Und es ist egal, was man macht, weil man ja die Rolle darstellt. Man kann richtig seine Emotionen rauslassen. Das ganze Gefühl der Gruppenbildung beim Theater. Im Unterricht ist es manchmal so, dass man nicht so viel miteinander zu tun hat. Man sitzt vier oder fünf Jahre stundenlang zusammen in einem Raum und weiß nichts voneinander. In der Theater-AG hat man beim Proben manchmal dieses Gefühl, dass man den Charakter der Leute das erste Mal erkennt, obwohl man sie schon tausendmal gesehen hat.
Welche Musik magst du?
Fast alles außer Rap und Hip-Hop. House und Techno mag ich auch nicht so gern. Mein Lieblingslied „Barfuß am Klavier“ ist von der Band Annenmaykantereit aus Köln. Manchmal mag ich melancholische Lieder. Man hat einen besseren Zugang zu sich, wenn man traurig ist. Wenn man fröhlich ist, dann hört man nur die Melodie, und wenn man traurig ist, versteht man den Text. Wenn man glücklich ist, lebt man so vor sich hin, wenn man traurig ist, merkt man, wer man eigentlich ist.
Erzähl ein bisschen von deinen Prüfungen.
Wir hatten Michelangelo als Thema. Er fasziniert mich. Er hatte ein interessantes Leben. Was er alles geschafft hat! Dass er diesen Ehrgeiz hatte. Die Decke in der Sixtinischen Kapelle, darüber haben wir einen Film gesehen, hat er quasi aus Trotz gemacht. Nicht nur, aber es hat mit reingespielt: Er wollte allen beweisen, dass er’s draufhat. Das finde ich richtig cool an ihm.