Hoch hergegangen ist es bei der Untertürkheimer Bürgerversammlung Ende Juli 2015 mit Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Im Mittelpunkt der Diskussionen standen die Missstände im Ortskern und die neue Flüchtlingsunterkunft.

Untertürkheim - Mit der Rückkehr in seinen einstigen Wohnort war die Bürgerversammlung für Oberbürgermeister Fritz Kuhn fast eine Art Heimspiel. Zumal er auch warme Worte parat hat für den Stadtbezirk zwischen Weinbergen und Weltkonzern und zudem bis in Details gut vorbereitet wirkte. Nach dem Munde reden wollte Kuhn den Menschen im voll besetzten Sängersaal allerdings nicht. Schon gar nicht beim heiß diskutierten Thema Flüchtlingsunterkünfte, deren Standort an der Württembergstraße vom Bezirksbeirat mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden war. Kuhn unterstrich, was schon die Bezirksvorsteherin Dagmar Wenzel in ihrer Begrüßung gefordert hatte: „Den idealen Standort gibt es nicht. Wir müssen den Flüchtlingen gegenüber eine Haltung gewinnen. Wir sollten sie nicht abwehren, sondern mit ihnen in Frieden und Toleranz zusammenleben.“

 

Das Thema nahm dann fast die ganze erste Hälfte der Aussprache in Anspruch. Dabei zeigte sich, dass von einer prinzipiellen Ablehnung von Flüchtlingen kaum die Rede sein kann. Mehr noch: Viele Beiträge warben für die Bereitschaft zum Helfen und für eine offenherzige Aufnahme. Genauso deutlich wurde aber auch eine breite Mehrheit, die den Standort am Fuße der Weinberge, als Naturschutzgebiet ausgewiesen, vehement ablehnt. Dies gipfelte in der Ankündigung von Klaus Fischer, der als Sprecher der Bürgerinitiative gegen den Standort ankündigte: „Wir prüfen, gegen diese Entscheidung zu klagen und sie rechtlich prüfen zu lassen.“

Der Standort ist laut Föll „genehmigungsfähig“

Michael Föll, Erster Bürgermeister, legte dar, weshalb einzig dieser Standort „genehmigungsfähig“ sei. Im Gegensatz zu den beiden alternativ geprüften an der Augsburger Straße: „Dort würden wir beim Regierungspräsidium aus baurechtlichen Gründen Schiffbruch erleiden.“ An der Württembergerstraße aber könne man baurechtlich auf einer alten Erweiterungsoption für den Friedhof aufsatteln.

Hoch her ging es dann beim zweiten Kernthema des Abends, bei den „gravierenden Missständen im Ortskern“, wie es ein Beitrag nannte. Dabei ging es um die inzwischen von diversen Lokalen geprägte Fußgängerzone Widdersteinstraße. Mehrere Teilnehmer der Versammlung zeichneten ein düsteres Bild. Die Straße sei „zu einer normalen Durchgangsstraße verkommen“, werde zugeparkt, es herrsche „verkehrstechnischer Wild-West“. Bestimmte Sammelpunkte seien „vermüllt und versifft“. Es gebe „Party mit lauter Musik bis weit nach Mitternacht“. Und wenn Anwohner Einspruch erheben, würden sie bedroht. Zudem werde man hier „von der Polizei im Stich gelassen“, „neue Revierfürsten mit großen Autos“ sorgten „für eine fatale Fehlentwicklung“, die Straße habe sich in einen „rechtsfreien Raum verwandelt“.

Masterplan mit Bürgerbeteiligung

Kuhn sah sich alarmiert: „Ein rechtsfreier Raum, das geht nicht.“ Hatte er zuvor mehrfach die Idee ins Spiel gebracht, mit einem „Masterplan mit Bürgerbeteiligung“ Möglichkeiten struktureller Verbesserungen in Untertürkheim-Tal zu erkunden, wobei er Sympathie für die Ansiedlung eines Supermarktes signalisierte, so sah er sich angesichts des drastischen Bildes nun zu unmittelbarem Handeln veranlasst: „Ich werde dazu noch nächste Woche mit dem Polizeipräsidenten ein Gespräch führen.“