Der musikalische Nachwuchs nahm sich der Verbindung von Natur und Musik an. Ihre Eindrücke beim Spaziergang durch Stuttgart haben die Mädchen und Jungen künstlerisch umgesetzt. Herausgekommen ist die musikalische Entdeckungstour „Wildnis in der Stadt“.

S-West - Viele große Kompositionen der klassischen Musik sind entstanden, weil sich die Künstler von der Natur haben inspirieren lassen. Von Flüssen wie in Smetanas Moldau oder von Tieren wie in Rimski-Korsakows Hummelflug. Auch der Nachwuchs der Jugendmusikschule Gerlingen nahm sich jetzt der Verbindung von Natur und Musik an. Ihre Eindrücke bei einem Spaziergang durch Stuttgart haben die Mädchen und Jungen künstlerisch umgesetzt. Herausgekommen ist die musikalische Entdeckungstour „Wildnis in der Stadt“.

 

City als Schlaraffenland

15 Stücke trugen die Mitglieder der Jugendmusikschule am Freitag im Bürgerzentrum West vor, alle am Piano, manchmal auch unterstützt von einem Synthesizer, der nachgeahmte Tierlaute einspielte. Nur bei der letzten Darbietung, einer Mozart-Sonate, kam zusätzlich auch eine Violine zum Einsatz. Die Klavierlehrerin Violette Krohmer hatte 16 Pianistinnen und Pianisten mitgebracht. Der Jüngste der Nachwuchskünstler war kürzlich erst fünf Jahre alt geworden, der älteste hat gerade sein Abitur abgelegt und ist 19.

Die Zeit zwischen den Musikstücken gehörte Silvia Hämmerle. In kurzen Vorträgen, kindgerecht für die meist jungen Zuhörer aufbereitet, berichtete die Naturschutzexpertin über Wildtiere in der Stadt. Dass beispielsweise in Stuttgart und anderen Kommunen die Artenvielfalt teilweise höher ist als auf dem Land. „Weil die Tiere in der Stadt mehr Futter finden, sich dort ein vielfältigerer Lebensraum bietet und sie hier weniger gejagt werden dürfen“, erklärte Hämmerle.

Passend zu den einzelnen Musikeinlagen hatte die Kreisgeschäftsführerin des Naturschutzbundes BUND interessante Kurzgeschichten zu verschiedenen Tiergattungen parat. Beispielsweise dass die Biene nach dem Schwein und dem Rind das drittwichtigste Nutztier in Deutschland ist. „Ein Drittel unserer Lebensmittel würde ohne Bienen nicht existieren. In der Stadt fühlen sie sich an Blühstreifen und Mauern pudelwohl“, so Hämmerle. Oder dass der Falke, den man gelegentlich auch im Stuttgarter Hauptbahnhof vorfindet, beim Sturzflug über 200 Stundenkilometer schnell wird. Hämmerle: „Der Falke ist damit der schnellste Vogel. Er macht gerne Jagd auf Tauben, die zu seinen Lieblingsspeisen gehören.“

Wilde Papageien

Warum Stuttgart als Hasenhauptstadt gilt, erklärte die Expertin anhand von Zahlen. Pro Quadratkilometer sind im Durchschnitt 140 Langohren über das Citygebiet verteilt, auf die gleiche Fläche im ländlichen Gebiet kommen statistisch gerade mal 17 Hasen. Dies sorgte bei den Kindern ebenso für Staunen wie die Geschichte von den Gelbkopfamazonen. Ungefähr 50 dieser exotischen Papageien haben sich in Bad Cannstatt wild angesiedelt und fühlen sich dort wohl, derweil in ihrer mexikanischen Heimat das Fortbestehen dieser Rasse durch Abholzung der Regenwälder massiv gefährdet ist. Es soll nur noch rund 7000 frei lebende Gelbkopfamazonen geben.

Im April 2015 hat die Zusammenarbeit der Musikschule mit dem Naturschutzbund begonnen. „Ich wollte mit meinen Schülern etwas auch pädagogisch Sinnvolles machen“, erinnert sich Violette Krohmer daran, wie sie auf der Suche nach Ansprechpartnern mit Silvia Hämmerle in Kontakt kam. Die BUND-Mitarbeiterin war von der Idee sofort angetan, man entwickelte zusammen ein Konzept. Im Dezember gab es in der Musikschule einen ersten Auftritt. Das Stück „Die Reise des Distelfalters auf dem Weg nach Afrika“ hatte mit Musik und Informationen zum Schmetterling einen prima Einstand. Hämmerle: „Die Sache kam super an, und alle fragten, wann die Fortsetzung kommt.“