Seit 14 Jahren unterhalten der Verband Region Stuttgart und die regionale Wirtschaftsförderungsgesellschaft ein Büro bei der EU. Dessen Aufgaben: Kontakte knüpfen, Interessen vertreten, Förderpogramme anzapfen.

Stuttgart – - Seit 14 Jahren unterhalten der Verband Region Stuttgart und die regionale Wirtschaftsförderungsgesellschaft WRS ein Büro bei der EU. Dessen Aufgaben: Kontakte knüpfen, Interessen vertreten, Förderpogramme anzapfen. Darüber sprachen wir mit Marcus Göpfert, dem neuen Mann der Region in Brüssel.
Herr Göpfert, Sie sind seit 1. Juni Leiter des Europabüros der Region Stuttgart. Was sind Ihre ersten Erfahrungen?
Ich habe bisher viel Zeit in Stuttgart und der Region verbracht, um die Kollegen und Themen kennenzulernen. Wir in Brüssel müssen wissen, was die Bedürfnisse der Region sind und wie wir die Region präsentieren und unterstützen können. Ohne die Heimatbasis können wir in Brüssel nicht arbeiten. Deshalb bin ich gerade dabei, mir ein Netzwerk in Stuttgart aufzubauen, in Brüssel habe ich ja schon eines.
Sie waren vorher für die EnBW in der belgischen Hauptstadt. Wie unterscheiden sich wirtschaftliche und politische Lobbyarbeit?
Für die EnBW standen naturgemäß energiepolitische und technikorientierte Themen im Vordergrund. Das Spektrum der Themen für die Region Stuttgart ist viel breiter – von der Digitalisierung bis zum autonomen Fahren.

Die Region wird auf europäischer Ebene wahrgenommen

Was sind dabei Ihre konkreten Aufgaben?
Wir haben diverse Ziele. Natürlich geht es darum, Mittel aus Förderprogrammen einzuwerben. Unsere Aufgabe ist es, diese Möglichkeiten zu sichten, den Verband und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft darüber zu informieren, sie mit dem Know-how zu versorgen und gemeinsam aktiv zu werden. Auch bei allen anderen Fragen geht es darum, die Interessen der Region im europäischen Rahmen frühzeitig einzubringen und zu vertreten. Deshalb ist es ja so wichtig, dass wir auf der Insel Brüssel nicht den Kontakt zur Basis Stuttgart verlieren.
Wird die Region Stuttgart denn überhaupt auf europäischer Ebene wahrgenommen?
Ja. Wir müssen aber dennoch Interessengemeinschaften mit anderen Regionen in Europa bilden. Zu diesen Netzwerken gehören Metrex, der Zusammenschluss der Metropolregionen, in dem die Stuttgarter Regionaldirektorin Nicola Schelling Präsidentin ist, und beispielsweise ERRIN, das Netzwerk für europäische Forschungs- und Innovationsregionen. Wir geben dort Impulse und nehmen Impulse für unsere Arbeit mit, immer rückgekoppelt mit Stuttgart. Und dazu sind diese Netzwerke eine fantastische Möglichkeit, mit anderen Regionen Verbindungen aufzubauen und Erfahrungen auszutauschen.

Die EU stellt Födermillionen in unterentwickelte Regionen

Die Europäische Union steckt ihre Fördermillionen doch vor allem in arme Regionen und unterstützt dort Infrastrukturmaßnahmen. Was bleibt da für entwickelte Ballungsräume überhaupt übrig?
Es ist beides zu sehen: Natürlich müssen weniger entwickelte Regionen auf dem Pfad nach vorne gefördert werden, aber dabei dürfen Metropolregionen, die wie Stuttgart in den Bereichen Innovation und Arbeitsplätze die Motoren Europas sind, nicht vernachlässigt werden, zumal sie ein Vorbild für nicht so entwickelte Gebiete sein können. Aber wir profitieren auch direkt von dem Austausch untereinander: Wir sollten nicht meinen, dass wir in allen Fragen im Besitz des Steins der Weisen sind, wir können auch von anderen lernen.
Europa ist momentan nicht gerade sexy: von der Flüchtlingspolitik bis zum Brexit überall Probleme. Spüren Sie etwas davon?
Man merkt schon, dass diese Entwicklungen sich auswirken. Mir ist es wichtig, dass Brüssel Flagge zeigt, dass aber auch wir als Region Stuttgart Flagge zeigen. Der europäische Binnenmarkt und der damit verbundene freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitnehmern sind ein Vorteil für die wirtschaftsstarke und exportorientierte Region Stuttgart, auch wenn manche bürokratischen Auswüchse zu Recht kritisiert werden. Wir müssen ein Interesse an der Stärkung der EU haben. In diesem Sinn will ich im Namen der Region in Brüssel der europäischen Idee Rückhalt geben, aber auch in der Region viel über die Vorteile Europas reden.